Am 20. Mai 2025 fand vor dem Bundesfinanzhof (BFH) eine mündliche Verhandlung statt, in der es vordergründig um die Anwendung des § 57 Abs. 3 AO und das sogenannte „doppelte Satzungserfordernis“ ging. Hintergrund war ein Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 26.09.2023, das für Aufmerksamkeit sorgte:
Das FG Hamburg hatte entschieden, dass es für die Anwendung des § 57 Abs. 3 AO ausreichend sei, wenn allein die leistende Körperschaft in ihrer Satzung das planmäßige Zusammenwirken mit einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft festschreibt. Eine entsprechende Satzungsregelung bei der empfangenden Körperschaft sei nicht erforderlich. Die bisherige Verwaltungspraxis, die dies verlangte, sei gesetzlich nicht begründbar und widerspreche dem Ziel des Gesetzgebers, Kooperationen im gemeinnützigen Sektor zu erleichtern. Hierzu berichtet wird unter „Kein doppeltes Satzungserfordernis bei § 57 Abs. 3 AO“
In der mündlichen Verhandlung des V. Senats des BFH zeichnete sich ab: Der BFH wird dieser Einschätzung voraussichtlich folgen und das „doppelte Satzungserfordernis“ nicht als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des § 57 Abs. 3 AO ansehen.
Überraschend war jedoch, dass der Schwerpunkt der Verhandlung eine Stunde lang auf beihilferechtlichen Fragen lag. Es geht insbesondere um die Frage, ob die Regelung des § 57 Abs. 3 AO – in bestimmten Konstellationen – gegen das europäische Beihilferecht verstoßen könnte.
Unser letzter Stand, den wir aus der öffentlichen Sitzung ableiten konnten: Der V. Senat plant offenbar, den § 57 Abs. 3 AO dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Eine endgültige Entscheidung oder schriftliche Urteilsveröffentlichung steht noch aus.
Sollte der EuGH eingeschaltet werden, könnte sich das Verfahren deutlich verlängern. Auch wenn das FG Hamburg mit seinem Urteil der herrschenden Literaturmeinung folgt und der Gesetzeszweck klar auf Flexibilisierung und Entbürokratisierung ausgelegt ist, bleibt abzuwarten, wie sich die beihilferechtliche Prüfung auf die praktische Umsetzung des § 57 Abs. 3 AO auswirkt.
Die Entwicklung rund um § 57 Abs. 3 AO bleibt spannend – vor allem für gemeinnützige Einrichtungen, die arbeitsteilig organisiert sind oder künftig Servicegesellschaften gründen wollen. Sobald das Urteil veröffentlicht oder weitere Informationen zur möglichen EuGH-Vorlage bekannt werden, informieren wir Sie selbstverständlich umgehend. Bei Fragen hierzu helfen Ihnen unsere Expert:innen von SCHOMERUS.
Bildnachweis: Bundesfinanzhof/Andreas Focke