Der Bundesfinanzhof (BFH) wird am 10.12.2025 in drei Verfahren zur Grundsteuer im „Bundesmodell“ Entscheidungen verkünden. In diesen Entscheidungen wird der BFH beurteilen, ob die Bewertung des Grundbesitzes für Zwecke der Grundsteuer im „Bundesmodell“ den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht wird.
Für gemeinnützige Organisationen sind diese Entscheidungen von hoher Relevanz: Der Grundbesitz im Eigentum einer gemeinnützigen Organisation ist nur von der Grundsteuer befreit, wenn er unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG). Grundbesitz, der (teilweise) für einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder im Bereich der Vermögensverwaltung genutzt wird, unterliegt dagegen der Grundsteuer. Wohnungen sind dabei stets grundsteuerpflichtig. Das gilt auch dann, wenn sie unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt werden (§ 5 Abs. 2 GrStG). Dementsprechend ist für gemeinnützige Einrichtungen besonders entscheidend, wie ihre Wohnungen zu Grundsteuerzwecken bewertet werden.
Im Jahr 2019 erließ der Bundesgesetzgeber das Grundsteuer-Reformgesetz. Die danach ausgeformten Regelungen der §§ 218 ff. BewG werden als das sog. „Bundesmodell“ der Grundsteuer bezeichnet. Es wird durch elf der sechszehn Bundesländer unmodifiziert angewendet. Gegen die Neuregelung werden verfassungsrechtliche Einwände erhoben, die sich vor allem auf eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Besteuerung und gleichheitsrechtliche Verstöße beziehen. Hauptkritikpunkt ist das pauschale Bewertungsverfahren ohne individuelle Anpassung. In allen drei Verfahren vor dem BFH stellt sich die Frage, ob die Heranziehung von pauschalierten Nettokaltmieten und der durch die Gutachterausschüsse ermittelten Bodenrichtwerte zur Bewertung eines individuellen Grundstücks verfassungsrechtlich zulässig ist.
Das erste Verfahren (BFH II R 25/24) betrifft die Bewertung einer Eigentumswohnung in Köln als Grundlage für die Grundsteuer. Hier hatte das Finanzgericht (FG) Köln mit Urteil vom 19.9.2024 (Az. 4 K 2189/23) über die Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwertes für die Eigentumswohnung zu urteilen. Es hat entschieden, dass die ab dem 1.1.2022 geltenden Regelungen zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer (§§ 218 ff. BewG) verfassungsgemäß seien. Die im Bewertungsgesetz vorgesehenen Typisierungen und Pauschalierungen würden nicht gegen das Verfassungsrecht verstoßen. Typisierungen und Pauschalierungen seien notwendigerweise mit Ungenauigkeiten verbunden und würden zwangsläufig dazu führen, dass es bei der Bewertung Abweichungen nach oben und unten gibt, ohne dass dies allein den Vorwurf Verfassungsverstoßes begründet.
Im zweiten Verfahren (BFH II R 31/24) hatte das sächsische FG über die Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwerts für eine Eigentumswohnung und einen Tiefgaragenstellplatz, der für Zwecke der Bewertung zum Grundstück zu zählen ist, zu urteilen. Mit Entscheidung vom 1.10.2024 (Az. 2 K 737/23) hat das FG die Vereinbarkeit der §§ 218 ff. BewG mit dem Verfassungsrecht angenommen. Insbesondere sei die Anwendung von durchschnittlichen Nettokaltmieten im Ertragswertverfahren bei der Ermittlung des Rohertrags eines Grundstücks hinzunehmen. Die Bodenrichtwerte, die durch die Gutachterausschüsse ermittelt wurden, seien nicht zu beanstanden und für die Berechnung des Grundsteuerwertes heranzuziehen. Der Steuerpflichtige könne einen niedrigeren Grundsteuerwert nachweisen (z.B. durch ein Sachverständigengutachten). Das Gericht sei im Wege der Amtsermittlungspflicht nicht gehalten, den gemeinen Wert des Grundstücks zu ermitteln.
Im dritten Verfahren (BFH II R 3/25) hatte das FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 4.12.2024 (Az. 3 K 3142/23) ebenfalls die Verfassungsmäßigkeit der §§ 218 ff. BewG angenommen. Dass bei der Ermittlung des Bodenrichtwerts objektspezifische Besonderheiten des Grundstücks nicht berücksichtigt werden würden, sei von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt und mache das automatisierte Verwaltungsverfahren des „neuen Bundesmodells“ handhabbar. Die von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte seien für die Beteiligten verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich.
Der BFH wird in rund zwei Wochen über diese zentralen Klagen gegen das umstrittene „Bundesgrundsteuermodell“ entscheiden. Die Entscheidung wird das weitere Bewertungsverfahren und damit auch die Bewertung des Grundbesitzes gemeinnütziger Organisationen maßgeblich beeinflussen.
Wir verfolgen den weiteren Verfahrensgang für Sie und informieren Sie selbstverständlich umgehend über die Entscheidungen des BFH. Sollten Sie Fragen in Bereich der Grundsteuer haben, wenden Sie sich gerne an die Expertinnen und Experten von SCHOMERUS.
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