Vereinszweck Cannabis-Anbau: Zulässig oder unzulässig?

19.10.2023
Aktuelles
4 Minuten

Das Bundeskabinett hat am 16.08.2023 den Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (CanG) beschlossen (vgl. BR-Drucks 367/23) und damit ein Gesetzgebungsverfahren zur teilweisen Legalisierung von Cannabis eingeleitet. Unter anderem sieht der Entwurf vor, dass sogenannte Cannabisvereinigungen in Form eines Vereins für eine kontrollierte Abgabe sorgen sollen. Nun hat das Oberlandesgericht München erstmals zur Eintragungsfähigkeit eines solchen Vereins Stellung genommen (OLG München, Beschl. v. 04.10.2023, Az. 31 Wx 153/23 e).

Sachverhalt

Am 28.03.2023 meldeten die gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder den Antragsteller beim Amtsgericht München, dem zuständigen Registergericht, zur Eintragung in das Vereinsregister an.

Die Satzung des Vereins erläuterte, dass das Ziel des Antragstellers die Gründung und der Betrieb einer Anbaugemeinschaft von Cannabisnutzern sei. Diese soll ihren Eigenbedarfsanbau gemeinschaftlich organisieren, sobald die gesetzliche Grundlage dafür vorhanden sei. Da der Anbau von THC-haltigem Hanf bisher noch verboten ist, seien die vorrangigen Aufgaben des Vereins und der Mitglieder, sich als Interessengemeinschaft von Cannabiskonsument:innen und -patient:innen einzusetzen für die Änderung der Drogengesetzgebung in Deutschland, eine akzeptierende und regulierende Drogenpolitik, Aufklärung, Prävention und Bildungsarbeit intern und extern sowie die Vorbereitung und Ausgestaltung der Räumlichkeiten und Strukturen, um im Falle einer Legalisierung schnell und effektiv die Versorgung der Mitglieder sichern zu können.

Ziel des Vereins gemäß § 2 der Satzung ist:

“der gemeinschaftliche Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf seiner Mitglieder unter legalen Bedingungen sowie unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Verein setzt sich für ein Ende der Drogenprohibition und die Schaffung regulierter Märkte, insbesondere für regulierte Cannabismärkte und die dafür notwendigen Gesetzesänderungen und gesellschaftlichen Veränderungen ein. Zum Zeitpunkt der Gründung des Vereins ist es illegal, Cannabis zu produzieren und weiterzugeben. Der Verein und die Mitglieder arbeiten aktiv im Rahmen ihrer Möglichkeiten für eine Legalisierung von Cannabis, mit der Möglichkeit des Eigenanbaus und der vereinsrechtlichen Organisation als Ziel (…).”

Mit Beschluss vom 03.05.2023 wies das Registergericht die Anmeldung zurück. Der in der Satzung enthaltene Vereinszweck sei nach der derzeitigen Gesetzeslage illegal. Der Verein sei nicht vorsorglich eintragbar. Dass im Vereinszweck auch legale Tätigkeiten, wie der Einsatz für die Legalisierung von Cannabis, enthalten seien, heile den Gesetzesverstoß nicht. Die Eintragung sei bereits dann zu versagen, wenn Teile der Satzung unzulässig seien.

Gegen die Zurückweisung seiner Anmeldung zum Vereinsregister wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG München hält die Beschwerde für zulässig und begründet. Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 03.05.2023 sei aufzuheben und das Registergericht anzuweisen, die Anmeldung nicht zurückzuweisen.

Das Prüfungsrecht des Registergerichts erstreckt sich unter anderem auf die Erlaubtheit des in der Satzung geregelten Vereinszwecks und die materielle Wirksamkeit der Satzung. Der Vereinszweck darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB oder die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB verstoßen. Die Prüfung dieser Vorschriften sei unter besonderer Berücksichtigung des Art. 9 Abs. 1 GG vorzunehmen, der die Vereinigungsfreiheit grundrechtlich schützt.

Hinsichtlich der legitimen Vereinszwecke trifft Art. 9 Abs. 1 GG bewusst keine Vorentscheidung; es gilt vielmehr eine prinzipielle Zweckoffenheit. Das Registergericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der in der Satzung angegebene Zweck gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und damit gemäß § 134 BGB nichtig ist.

Zwar wäre der erstrebte gemeinschaftliche Anbau von Cannabis derzeit gesetzlich nicht gestattet. In der Präambel der Satzung wird allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Anbaugemeinschaft erst dann gegründet und betrieben werden soll, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen und die vorrangigen Aufgaben bis dahin in dem Einsatz zur Änderung der Gesetzgebung sowie Aufklärung und Bildungsarbeit bestehen sollen. § 2 Abs. 1 der Satzung formuliert zwar als Ziel des Vereins den gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis, stellt dies allerdings unter den Vorbehalt, dass der Anbau „unter legalen Bedingungen“ erfolgt. In § 2 Abs. 2 der Satzung wird dann auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Produktion und Weitergabe von Cannabis derzeit illegal ist und der Verein Öffentlichkeitsarbeit zur Legalisierung von Cannabis betreibt. Dass der Verein bereits vor der Legalisierung den Anbau und Vertrieb betreiben will, ist somit gerade nicht ersichtlich und darf auch nicht dahin verstanden werden.

Soweit sich herausstellen sollte, dass entgegen der in der Satzung festgelegten Regelungen bereits vor Legalisierung ein Anbau von cannabishaltigen Pflanzen betrieben werden sollte, kann auch bei Eintragung des Vereines über ein Betätigungsverbot oder ein Verbotsverfahren gegen den Antragsteller vorgegangen werden. Strafverfolgungsmaßnahmen blieben von der Eintragung ohnehin unberührt.

Die Tatsache, dass mit dem „Anbau von Cannabis unter legalen Bedingungen“ ein offensichtlicher Hauptzweck des Vereins derzeit nicht verwirklicht werden kann, stellt kein Eintragungshindernis dar. Zwar läge wohl kein zulässiger Vereinszweck vor, wenn die Ziele derart in der Zukunft liegen würden, dass derzeit noch keine wesentliche Vereinstätigkeit stattfindet oder stattfinden kann, vorliegend sind mit dem Einsatz für Gesetzesänderungen und der Öffentlichkeitsarbeit jedoch weitere Ziele genannt, deren Verfolgung derzeit möglich und zulässig ist und welche die Grundlage der Vereinstätigkeit darstellen können.

Zudem erscheint das angestrebte Ziel des Anbaus unter legalen Bedingungen angesichts der derzeitigen politischen Bestrebungen der Bundesregierung, unter bestimmten Voraussetzungen den Anbau und Konsum von Cannabis zu legalisieren, nicht völlig fernliegend.

Ausblick

Durch dieses Urteil ist nun eindeutig, dass sogenannte Cannabis-Clubs sich auch bereits vor der teilweisen Legalisierung des Anbaus gründen können. Deutlich wird auch, was den Vereinszweck charakterisiert, nämlich der bestimmende oberste Leitsatz der Vereinstätigkeit, in dem das alle Mitglieder verbindende gemeinsame Interesse zum Ausdruck kommt. Sollten Sie bei Ihrer Satzung Unterstützung benötigen, dann kommen Sie gerne auf uns zu.

Bildnachweis:kmatija/Stock-Fotografie-ID:1344413422

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