Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 4. September 2025 den Referentenentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025 veröffentlicht. Neben technischen Anpassungen enthält dieser auch wesentliche Regelungen zur Klarstellung und Weiterentwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts, die wir Ihnen in sechs Teilen präsentieren.
Mit der Einführung von § 58 Nr. 11 AO soll ab dem 1.1.2026 ausdrücklich klargestellt werden, dass die Anschaffung und der Betrieb von Photovoltaikanlagen sowie die Nutzung weiterer erneuerbarer Energien die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft nicht gefährden.
Die Regelung reagiert auf die erheblichen Gefahren des Klimawandels und die daraus folgende Notwendigkeit, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Photovoltaikanlagen leisten nach Ansicht des BMF einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende und dienen dem Schutz von Leben und Gesundheit sowohl der heute lebenden als auch künftiger Generationen. Damit wird auch das Ziel des EEG 2023 (§ 1 Abs. 1 EEG: nachhaltige, treibhausgasneutrale Stromversorgung) umgesetzt.
Besonders hervorgehoben wird, dass der Einsatz von Mitteln für den Bau, Betrieb und auch für den Ausgleich unvermeidlicher dauerhafter Verluste aus Photovoltaikanlagen oder anderen erneuerbaren Energien als unschädlich für die Gemeinnützigkeit gilt. Damit entfällt die Gefahr, dass solche Maßnahmen als Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO) gewertet werden. Die Regelung erstreckt sich nicht nur auf Photovoltaik, sondern auf sämtliche erneuerbare Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG 2023, also unter anderem auf Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie sowie Energie aus Biomasse und abbaubaren Abfällen. Eine betragsmäßige Begrenzung wie im Einkommensteuerrecht (§ 3 Nr. 72 EStG) ist nicht vorgesehen.
Allerdings betont das BMF, dass der Betrieb einer Photovoltaikanlage nicht den Hauptzweck der Körperschaft bilden darf. Die Einspeisung von nicht selbst verbrauchtem Strom in das öffentliche Netz bleibt grundsätzlich ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, sobald die Einnahmen die Freigrenze nach § 64 Abs. 3 AO überschreiten. Damit soll die Wettbewerbsneutralität gegenüber nicht gemeinnützigen Anbietern gewahrt werden. Werden Gewinne erzielt, unterliegen diese grundsätzlich der Besteuerung, wobei gegebenenfalls Steuerbefreiungen, insbesondere nach § 3 Nr. 72 EStG, in Anspruch genommen werden können.
Insgesamt erleichtert die Neuregelung den Einsatz erneuerbarer Energien durch gemeinnützige Körperschaften erheblich und beseitigt bestehende Unsicherheiten. Sie verknüpft den Klima- und Umweltschutz mit dem Gemeinnützigkeitsrecht und trägt dazu bei, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, ohne die steuerliche Neutralität und die Grundprinzipien der Gemeinnützigkeit infrage zu stellen.
Der Betrieb von Photovoltaikanlagen durch gemeinnützige Körperschaften war auch bisher schon möglich. Allerdings bestanden in der Praxis erhebliche Unsicherheiten: Vor allem die Frage, ob dauerhafte Verluste gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) verstoßen könnten, führte immer wieder zu Diskussionen. Auch fehlte eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, sodass Vereine und Stiftungen auf Auslegungen der Finanzverwaltung angewiesen waren.
Mit der Einführung des neuen § 58 Nr. 11 AO wird nun Rechtssicherheit geschaffen: Der Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen sowie die Nutzung anderer erneuerbarer Energien gelten ausdrücklich als gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich. Selbst der Ausgleich unvermeidlicher Verluste ist künftig unproblematisch. Damit wird eine Grauzone beseitigt und der Handlungsspielraum gemeinnütziger Organisationen gestärkt.
Gleichzeitig bleibt die Balance gewahrt: Der Betrieb von PV-Anlagen darf nicht Hauptzweck der Körperschaft werden und größere Stromeinspeisungen ins Netz bleiben als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe einzuordnen. So wird einerseits die Beteiligung gemeinnütziger Akteure an der Energiewende erleichtert, andererseits aber auch die Wettbewerbsneutralität gegenüber nicht-gemeinnützigen Anbietern gesichert.
Insgesamt ist die Regelung ein wichtiger Schritt zur Verknüpfung von Klimaschutz und Gemeinnützigkeitsrecht. Sie erleichtert Investitionen in erneuerbare Energien erheblich und eröffnet Organisationen neue Möglichkeiten, ohne die steuerlichen Grundprinzipien zu gefährden.
Für Detailfragen zur praktischen Umsetzung – etwa zur Abgrenzung zwischen Eigenverbrauch und Einspeisung oder zur steuerlichen Behandlung von Gewinnen – stehen Ihnen die Expert:innen von SCHOMERUS gerne zur Verfügung.
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