Streichung der Anfallsklausel – Aberkennung der Gemeinnützigkeit

04.01.2024
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt (FG) hat mit Urteil vom 19.04.2023 (Az.: 3 K 475/16) entschieden, dass wenn in der Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft auch nur zeitweise die sog. Anfallsklausel fehlt, dies zum Wegfall der Gemeinnützigkeit und der damit einhergehenden Steuerbefreiungen führt.

Was ist die Anfallsklausel?

Die Anlage 1 (zu § 60) AO schreibt die aus steuerlichen Gründen notwendigen und damit zwingenden Bestimmungen der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags einer gemeinnützigen Körperschaft vor. Zu den erforderlichen Regelungen gehört gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO, dass eine gemeinnützige Körperschaft (ggf. auch ein gemeinnütziger Zweck) bestimmt werden muss, der im Falle der Auflösung der Körperschaft das Vermögen zu übertragen ist. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass gemeinnütziges Vermögen gemeinnützig gebunden bleibt.

Sachverhalt

Die Klägerin war eine gemeinnützige Körperschaft, die ein Klinikum im Landkreis Z betreibt. Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die fehlende ausdrückliche Regelung in der Satzung der Klägerin zur Vermögensbindung gemäß § 61 Abs. 3 AO zu einer rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit und damit zu einem Wegfall der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für den maßgeblichen Zeitraum führt.

Im Jahre 2007 wurden im Rahmen einer Kreisgebietsreform mehrere Landkreise zusammengelegt, darunter auch der Landkreis Z. Daraufhin wurden die vormaligen Krankenhausgesellschaften der einzelnen Landkreise gebündelt. Nach der Zusammenlegung wurde eine Gesellschafterversammlung abgehalten, in welcher die bisherige Satzung der Klägerin vollständig aufgehoben und durch eine neue ersetzt wurde. Die bisherigen steuerbegünstigten Zwecke wurden übernommen. Allerdings wurde der ursprüngliche § 13 – welcher die Anfallsklausel enthielt - ersatzlos gestrichen.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Klägerin kam das beklagte Finanzamt zu dem Ergebnis, dass infolge des Fehlens der Anfallsklausel die Gemeinnützigkeit rückwirkend abzuerkennen und auch die Steuerbefreiungen rückwirkend zu versagen seien. Zu Recht, wie das FG Sachsen-Anhalt nun entschied.

Entscheidung des Gerichts

Der erkennende Senat stellt klar, dass gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden darf.

Der § 61 Abs. 3 AO schreibe daneben eindeutig die Folgen des Fehlens der vorgenannten Vermögensbindung in der Satzung vor – nämlich die (rückwirkende) Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Hierdurch solle verhindert werden, dass Vermögen, welches die Körperschaft aufgrund der steuerbegünstigten Tätigkeit erhalten und verwaltet hat, für nicht steuerbegünstigte Zwecke verwendet werde. Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung im Sinne der Abgabenordnung liege erst dann vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt sei, dass bereits aufgrund der Satzung geprüft werden könne, ob der durch die Anfallsklausel bestimmte Verwendungszweck steuerbegünstigt sei.

Vorliegend enthielt die Satzung der Klägerin für den maßgeblichen Zeitraum eine solche Regelung nicht. Nur die Nennung eines gemeinnützigen Zwecks für die laufende Betätigung genüge nicht, es müsse darüber hinaus klar bestimmt sein, was mit dem Vermögen im Falle der Auflösung oder des Wegfalls der steuerbegünstigten Zwecke passieren solle. Ansonsten würde das gesetzliche Erfordernis des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO leerlaufen.

Praxishinweis

Die Anlage 1 (zu § 60) AO gibt den erforderlichen Wortlaut der Anfallsklausel genau wieder. Wird der Wortlaut so in die Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft übernommen, ist dem gesetzlichen Erfordernis aus § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO – bei Benennung einer begünstigten gemeinnützigen Körperschaft bzw. gemeinnützigen Zwecks – entsprochen. So kann zumindest aus diesem Grund nicht mehr die Gemeinnützigkeit aberkannt bzw. versagt werden. Im Übrigen sollten auch die sonstigen Regelungen der Anlage 1 (zu § 60) AO nicht ohne weiteres ersatzlos gestrichen werden, denn ansonsten droht auch hier der Verlust der Gemeinnützigkeit. Stimmen Sie vor etwaigen Satzungsänderungen den Entwurf im Vorwege immer mit dem Finanzamt ab, um doppelte Änderungen der Satzung (und ggf. doppelte Notargebühren) zu verhindern.

Bildnachweis:arturbo/Stock-Fotografie-ID:157640217

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