Mit Urteil vom 26. April 2023, das am 31. August 2023 veröffentlicht wurde, hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Stiftung ein Darlehen zu marktüblichen Konditionen an den Stifter geben darf, auch wenn zuvor in gleicher Höhe eine Spende des Stifters eingegangen ist.
Der Kläger gründete im Herbst 2011 eine Stiftung mit einem Grundstockvermögen von 50.000 €. Er selbst war Vorsitzender des Vorstands mit dem Recht zum Stichentscheid im Fall der Stimmgleichheit. Noch im gleichen Jahr spendete er insgesamt 400.000 € in den Vermögensstock der Stiftung. Hierfür stellte die Stiftung eine Zuwendungsbestätigung aus, die der Kläger unterzeichnete. Wenige Tage darauf gab die Stiftung wiederum zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 400.000 € an den Stifter aus, welche jährlich zu 3,5 % zu verzinsen waren. Zur Besicherung der Darlehen bestellte der Stifter zwei nachrangige Grundschulden an in seinem Eigentum stehenden Immobilien.
Neben einer strafrechtlichen Verfolgung dieser Konstellation, verweigerte das für den Kläger zuständige Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung den geltend gemachten Spendenabzug. Eine hiergegen erhobene Klage beim Sächsische Finanzgericht (FG) in seinem Urteil vom 12. Juli 2021 (5 K 1378/19) blieb ohne Erfolg.
Der BFH urteilte nunmehr in einheitlicher Linie mit seiner bisherigen Rechtsprechung. Er hob das angefochtene Urteil auf und verwies es zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Nach Ansicht des urteilenden X. Senats scheitert der Spendenabzug jedenfalls nicht per se an der Unentgeltlichkeit oder an einem zu engen zeitlichem Zusammenhang.
Da der Spendenabzug voraussetzt, dass sich die Zahlung an die steuerbegünstigte Körperschaft als unentgeltlich darstellt, hatte der Senat im konkreten Fall zu entscheiden, ob die gegenläufige Darlehensgewährung der Stiftung mit einem Vorteil für den Stifter verbunden ist. An einem solchen spendenabzugsschädlichen Vorteil fehlt es, wenn sowohl die Gewährung des Darlehens dem Grunde nach als auch die vereinbarten Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten und die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keinerlei Zweifel am Fremdkapitalcharakter dieser Mittel aufwirft.
Die Richter stellen unmissverständlich klar, dass die Gewährung eines Darlehens als solches fremdüblich ist, wenn auch die Einhaltung der für die Anlage von Mitteln des Vermögensstocks einer Stiftung üblichen Grundsätze nicht verletzt werden. Für solche Anlagen gilt in erster Linie das Gebot der sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung. Risiko und erwarteter Ertrag müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Daher durfte beispielsweise die streitgegenständliche Geldanlage (Darlehensgewährung) ertragsstärker und gleichzeitig riskanter sein als eine Anlage in Bundeswertpapiere oder Banksparbriefe, bei der ein Kapitalverlust nahezu ausgeschlossen ist.
Hinsichtlich der Fremdüblichkeit der Darlehensbedingungen weist der erkennende Senat zunächst darauf hin, dass nicht jede Abweichung von dem zwischen fremden Dritten üblichen gewohnheitsmäßigen Verhalten die Fremdüblichkeit ausschließt. Vielmehr ist im Rahmen des Fremdvergleichs auch insoweit eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Im Rahmen einer solchen Gesamtwürdigung können eventuelle Abweichungen vom Fremdüblichen, die sich im Hinblick auf eine bestimmte Detailfrage ergeben, daher in gewissen Grenzen durch gegenläufige Gesichtspunkte ausgeglichen werden.
Ob eine Fremdüblichkeit der Darlehensbedingungen gegeben war, konnte der Senat in Ermangelung von Tatsachenfeststellungen, insbesondere zum Fremdvergleichsmaßstab, der Vorinstanz nicht entscheiden.
Darüber hinaus darf die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keine Zweifel daran aufwerfen, dass die der Stiftung zugewendeten und darlehensweise an den Stifter rücküberlassenen Mittel aus der Sicht des Zuwendenden nunmehr Fremdkapital darstellen, der Spender also endgültig wirtschaftlich belastet ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die an die Stiftung übertragenen 400.000 € noch als Teil seines eigenen Vermögens angesehen und behandelt hätte waren für den Senat nach dem bisherigen Stand der Sachaufklärung nicht ersichtlich.
In einer erneuten Verhandlung vor dem FG dürfte dieses aber die tatsächliche Entwicklung in den Veranlagungszeiträumen, die dem Streitjahr nachfolgen, heranziehen, sodass beispielweise eine bei Endfälligkeit vollständig zurückgeführte Darlehenssumme im Rahmen der Gesamtwürdigung dafür spricht, dass der Kläger von vornherein beabsichtigt hatte, die an die Stiftung übertragenen Mittel nicht mehr als sein eigenes Vermögen, sondern als Vermögen der Stiftung anzusehen.
Neben dem klarstellenden Umstand, dass die Darlehensgewährung eine zulässige Anlageform bei Stiftungen ist, zeigt dieses begrüßenswerte Urteil des BFH abermals, dass in gemeinnützigkeitsrechtlichen Konstellationen der Drittvergleich regelmäßig maßgebend ist.
Hält die Ausgestaltung einer Darlehensgewährung einem Drittvergleich stand, so spricht nichts dagegen auf diese Weise die Kapitalausstattung durch den Stifter oder einen sonstigen Spender zu gestalten. Allerdings sollte hier vorher fachkundiger Rat eingeholt werden, denn nicht nur die Vorinstanz weiß nun, dass die Bewertung im Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller Umstände notwendig macht.
Sollten auch Sie einen Sachverhalt haben, bei dem nicht eindeutig ist, ob die Spende aus rein altruistischen Gründen oder in Erwartung einer Gegenleistung bzw. eines sonstiges Vorteils erbracht wird, so kommen Sie gerne auf uns zu.
Bildnachweis: Choreograph/Stock-Fotografie-ID:918353032&CalypsoArt/Stock-Fotografie-ID:1061242996