Das Sozialgericht Berlin (SG) hat mit Urteil vom 18.04.2024 (Az. S 210 BA 196/20) entschieden, dass die Schatzmeisterin eines Vereins, welche Teil eines mehrgliedrigen Vorstands ist, als abhängig beschäftigt im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV anzusehen ist.
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind regelmäßig die Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S.2 SGB IV), wobei die Weisungsgebundenheit auch nur in einem eingeschränkten Verhältnis vorliegen kann. Letztendlich muss zur Abgrenzung zwischen einer selbstständigen und nichtselbstständigen Arbeit allerdings eine Gesamtwertung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden.
Die Klägerin war Vizepräsidentin eines Vereins, wobei sie für einen gewissen Zeitraum auch die Aufgabe der Schatzmeisterin in diesem Verein übernahm. Hierfür erhielt sie eine monatliche Entschädigung von € 1.500 bis € 4.000. Ihrer Aussage nach wendete die Klägerin rund 20-25 % ihrer wöchentlichen Arbeitszeit für diese Aufgabe auf. Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens kam die zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass die Klägerin einer abhängigen Beschäftigung nachgehe und somit ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt beziehe. Gegen den erfolglosen Widerspruch legte die Schatzmeisterin Klage ein. Ohne Erfolg, wie das SG Berlin nun urteilte.
Zunächst stellte der Senat fest, dass die Klägerin mit ihrer Tätigkeit als Schatzmeisterin kein unternehmerisches Risiko eingegangen sei und darüber hinaus auch in die Organisation des Vereins eingegliedert gewesen war. Diese Eingliederung leitet das Gericht darüber her, dass die Klägerin als Schatzmeisterin in besonderer Weise der Förderung des Vereinszwecks diene und somit in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess beteiligt sei.
Außerdem käme es nicht auf die weitgehende Weisungsungebundenheit der Klägerin an, denn sie unterliege als Mitglied eines mehrgliedrigen Vorstands zumindest den Weisungen des Gesamtorgans und sei daher an dessen Entscheidungen gebunden. Weiterhin würden die Kontrollmöglichkeiten und Genehmigungsfunktionen (z. B. für den Jahresabschluss) der Mitgliederversammlung zumindest einen indirekten Einfluss auf das Handeln der Vorstandsmitglieder und somit auch der Klägerin haben. Dass die Mitgliederversammlung faktisch nicht von einem entsprechenden Weisungsrecht Gebrauch mache, erschüttere diese Bewertung nicht.
Für die Annahme einer Beschäftigung spräche ferner die Zahlung eines festen monatlichen Entgelts. In Abgrenzung zu einer Aufwandsentschädigung käme vorliegend zum Tragen, dass die Satzung bestimme, dass ein als “Aufwendungsersatz” bezeichnetes Entgelt, welches auch für zeitliche Beanspruchung gewährt werden dürfe, grade die Definition eines versicherungspflichtigen Entgelts sei. In der gezahlten Pauschale sei die Entlohnung einer Erwerbstätigkeit zu sehen. Hierfür spräche auch, dass diese sich nicht an dem Grenzwert des Haftungsprivilegs für Organmitglieder (€840/Jahr), der Ehrenamtspauschale (€ 3.000/Jahr) noch etwaiger anderer gesetzlicher Regelungen für ehrenamtliche Organmitglieder orientiere. Vorliegend sei auch maßgeblich, dass die Klägerin neben der festen Pauschale auch noch weitere Aufwände erstattet bekomme.
Somit sei im Ergebnis eine sozialversicherungspflichtige, abhängige Beschäftigung der Klägerin zu erkennen.
Das Urteil zeigt, dass die sozialversicherungspflichtige Bewertung der Tätigkeit von Organmitgliedern streitbar ist, jedoch aufgrund der individuellen und unterschiedlichen Umstände stets eine Einzelfallbetrachtung notwendig macht. Benötigen auch Sie die Unterstützung im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, zögern Sie nicht uns anzusprechen.
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