Neue Verordnung zum Landesstiftungsgesetz in Schleswig-Holstein

20.09.2024
Gemeinnützigkeit
5 Minuten

Seit August 2024 gibt es neue Vorgaben zur Rechnungslegung von Stiftungen mit Sitz in Schleswig-Holstein, die zum Teil vom Bundesrecht abweichen und die bisherigen Rechnungsvorschriften durch neue Anforderungen verschärfen. 

Hintergrund 

Mit der zum 1. Juli 2023 in Kraft getretenen Stiftungsreform wurde das Stiftungsprivatrecht in Teilen reformiert. Ziel der Reform war unter anderem, eine Vereinheitlichung der bislang zersplitterten Rechtslage zu erreichen. Bisher war das Stiftungszivilrecht von einer Vielzahl an unterschiedlichen Landesstiftungsgesetzen der einzelnen Bundesländer geprägt, die teils stark voneinander abwichen. Ein zentrales Anliegen der Reform war daher, einheitliche Regelungen zu schaffen, die in allen Bundesländern gelten und so die Verwaltung von Stiftungen erleichtert. Die Reform sollte insbesondere klare Vorgaben zum Schutz des Grundstockvermögens, zur Stiftungsverwaltung und zur Aufsicht durch die Behörden mit sich bringen, die nun einheitlich im BGB geregelt sind. 

Die Landesstiftungsgesetze haben durch die Reform allerdings nicht in Gänze ihre Wirkung verloren, sondern regeln fortan, in abgeänderter Form, bestimmte Bereiche, die den Ländern vorbehalten bleiben. Dazu gehören etwa Detailvorgaben zur Stiftungsaufsicht, zur Berichtspflicht oder zur Prüfungspflicht von Stiftungen. In diesen Bereichen können die Länder weiterhin eigene Schwerpunkte setzen, was zu einer gewissen Flexibilität führt, aber auch neue Fragen aufwerfen kann. So verhält es sich beispielsweise mit der kürzlich veröffentlichten Landesverordnung aus Schleswig-Holstein (StiftGVO SH) zu den Mindestanforderungen nach § 8 Abs. 6 des Landesstiftungsgesetzes Schleswig-Holstein (StiftG SH).

Diese Verordnung, die ab dem 2. August 2024 ihre Gültigkeit entfaltet und für Jahresabrechnungen für das Geschäftsjahr 2024 anzuwenden ist, war aufgrund der Bestimmungen des § 8 Abs. 6 des StiftG SH zu erlassen. Dort heißt es, dass das Ministerium für Inneres durch Rechtsverordnung die mindestens zu erfüllenden Anforderungen einer ordnungsgemäßen Jahresrechnung, einer Vermögensübersicht und die Anforderungen des Berichts über die Erfüllung des Stiftungszwecks regelt.

Regelungen der Stiftungsverordnung Schleswig-Holstein im Einzelnen  

Prüfungspflicht 

Aufgrund seiner Bedeutung möchten wir § 6 StiftGVO SH, der die Verpflichtung zur Vorlage eines Prüfungsberichtes regelt, voranstellen. Für viel Aufruhr hatte bereits die Regelung in § 8 Abs. 3 StiftG SH gesorgt, nach der Stiftungen mit einem Grundstockvermögen von mindestens EUR 2 Mio. verpflichtet sind, einen Prüfungsbericht vorzulegen. Nur in Ausnahmefällen (bei unbilliger Härte) soll auf Antrag darauf verzichtet werden können. Die neue Verordnung entschärft die Vorschrift nun insoweit, als auch eine von einem vereidigten Buchprüfer oder einer anerkannten Wirtschafts- oder Buchprüfungsgesellschaft erstellte Jahresrechnung ausreichen soll, sofern sie mit einem Abschlussvermerk versehen ist, in dem das Ergebnis in Form eines Prüfvermerks festgestellt wird. Diese Entschärfung ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, entlastet allerdings insbesondere kleinere Stiftungen nicht weit genug. Nach den neuen Vorgaben sind schließlich auch weiterhin Stiftungen mit einem Grundstockvermögen von EUR 2 Mio., die ggf. nur geringe Einnahmen verzeichnen, gezwungen, einen (externen) Steuerberater, Buchprüfer o.ä. mit der Erstellung der Jahresrechnung zu beauftragen und zu bezahlen. Die dafür einzusetzenden Mittel, könnten sicherlich an anderer Stelle sinnvoller ihre Wirkung entfalten. 

Jahresrechnung 

§ 1 StiftGVO SH regelt die Bestandteile einer ordnungsgemäßen Jahresrechnung. Eine ordnungsgemäße Jahresrechnung besteht demnach aus einer Vermögensübersicht, einer Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) und aus einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks.  

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung hat die Vermögensübersicht über den im abgelaufenen Geschäftsjahr vorhandenen Bestand des gesamten Stiftungsvermögens Auskunft zu geben. Dabei sind insbesondere die in diesem Zeitraum eingetretenen Veränderungen beim Grundstockvermögen, in den gebundenen und freien Rücklagen, bei den Verbindlichkeiten sowie beim Mittelvortrag einzeln darzustellen. In der Vermögensübersicht ist zwischen Grundstockvermögen und sonstigem Vermögen zu unterscheiden. Dabei ist das Grundstockvermögen zwingend vom restlichen Stiftungsvermögen getrennt zu halten und auszuweisen. Dieser Normeninhalt ist nachvollziehbar und entspricht der allgemeinen Praxis.  

Unabhängig von den Bestimmungen der Satzung oder der Auslegung des Stifterwillens soll laut § 2 Abs. 2 StiftGVO SH, abweichend von den Bestimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der Nachweis des Werterhalts des Grundstockvermögens nur unter Berücksichtigung des Nominalwerts erfolgen. Diese Regelung ist nicht nachvollziehbar, da sie die bundeseinheitliche Regelung zum Kapitalerhalt ändert. Schließlich heißt es in § 83c Abs. 1 Satz 1 BGB, dass das Grundstockvermögen “ungeschmälert“ zu erhalten ist. Der Gesetzgeber hat gemäß der Gesetzesbegründung bewusst keine gesetzliche Vorgabe zum Nachweis des Werterhalts des Grundstockvermögens gemacht, da sich unterschiedliche Anforderungen an die Vermögensverwaltung ergeben können, die abhängig sind vom Zweck der Stiftung, von der Art und dem Umfang ihres Grundstockvermögens sowie von der konkreten Nutzung des Grundstockvermögens für den Stiftungszweck. Gleichwohl mag die Klarstellung in der Verordnung für viele Stiftungen, insbesondere den kleinen, hilfreich sein, weil der reale Kapitalerhalt bei einem schwankenden Kapitalmarktumfeld schwer einzuhalten ist.  

Zur Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) führt die Verordnung in § 3 StiftGVO SH lediglich aus, dass in dieser sämtliche Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt werden, woraus der Gewinn oder der Verlust ersichtlich wird. Fraglich ist, was unter dieser EÜR zu verstehen ist. Begrifflich ist schließlich zwischen einer klassischen EÜR in Anlehnung an § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (EAR), die alle Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich als Zu- und Abflüsse an Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten definiert und bislang in der Regel als Bestandteil der Jahresrechnung gesehen wurde (gemäß IDW ERS HFA 5 nF), zu unterscheiden. Alternativ zu der EÜR ist gemäß der Verordnung die Vorlage einer Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung zulässig.  

Zu den Verwaltungs- und Geschäftskosten führt die Verordnung aus, dass diese unabhängig von der Höhe der Aufwendungen separat auszuweisen und einzeln aufzuführen sind. Zu den Verwaltungs- und Geschäftskosten zählen insbesondere Portokosten, Telefonkosten, Depotkosten, Entschädigung der Organmitglieder, Versicherungskosten, Büromaterial und Reisekosten. Eine getrennte Erfassung der Aufwendungen im Rahmen der Buchhaltung wäre somit künftig anzuraten.  

Der Bericht über die Erfüllung des Stiftungszweckes (§ 4 StiftGVO SH) soll eine detaillierte Darstellung der Tätigkeit der Stiftung im abgelaufenen Geschäftsjahr beinhalten. In dieser Darstellung müssen insbesondere Ausführungen zu allen von der Stiftung satzungsgemäß zu verwirklichenden Stiftungszwecken enthalten sein. Alle geförderten Maßnahmen oder durchgeführten Projekte sind mit den jeweiligen Beträgen und Zahlungsempfängern aufzuführen. Ferner soll der Bericht die Anzahl der Sitzungen, etwaige Änderungen in Gremienbesetzungen, besondere Vorkommnisse im Geschäftsjahr, Maßnahmen zur Übertragung und Anlage des Stiftungsvermögens sowie eine Beurteilung der aktuellen Situation der Stiftung beinhalten. Diese Fülle an künftigen Pflichtangaben, die den Bericht aus unserer Sicht teilweise unnötig aufblähen, dürfte teilweise erheblichen Mehraufwand auf Seiten der Stiftungsverwaltung produzieren. Über ein angepasstes Buchungsverhalten sollte ggf. nachgedacht werden. 

Bewertung 

Die neue Verordnung führt unabhängig von der Stiftungsgröße zu zeitlichem und/oder monetärem Mehraufwand bei Schleswig-Holsteiner Stiftungen. Die Prüfungs- oder Erstellungsverpflichtung für kleinere Stiftungen (Grundstockvermögen > EUR 2 Mio.) ist aus unserer Sicht weit über das Ziel hinausgeschossen. Die vom Bundesgesetz abweichende Regelung zum Nachweis des Werterhalts des Grundstockvermögens sowie die fehlende Information des Ministeriums, ob mit der angeordneten Einnahmen-Überschussrechnung eine EÜR i.S.d. § 4 Abs. 3 EStG gemeint ist, lässt Fragen offen. Hingegen wirken die neu vorgeschriebenen Informationspflichten über sämtliche Verwaltungs- und Geschäftskosten sowie über sämtliche Projektausgaben, unter Nennung des Projekts, des Betrags und des Empfängers, überspitzt und dürften für erheblichen Mehraufwand sorgen. Die vorgelegte Strenge aus Schleswig-Holstein trägt aus unserer Sicht nicht zu dem geforderten Bürokratieabbau bei, sondern erhöht diesen nur unnötig. Ferner macht es das Land zwischen den Meeren zunehmend unattraktiver für Stiftungsneugründungen. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Stiftungsaufsicht mit den neuen Bestimmungen umgehen wird. 

Sollten Sie Unterstützung benötigen oder die Rahmenbedingungen der anderen Bundesländer in Erfahrung bringen wollen, dann wenden Sie sich gerne an unsere Expert:innen. 

Link: Gesetz über rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts (Stiftungsgesetz - StiftG)

Link: Landesverordnung zu Mindestanforderungen nach § 8 Absatz 6 Stiftungsgesetz (StiftGVO)

Bildnachweis:rarrarorro/Stock-Foto ID: 2164489157

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