Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) hat mit Beschluss vom 06.12.2023 (Az.: 1 KN 146/22) entschieden, dass Umweltverbände regelmäßig keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe haben.
Der Antragsteller war ein Umweltverband, der zur Verhinderung eines Bauvorhabens und der gerichtlichen Anfechtung des damit verbundenen Bebauungsplans Prozesskostenhilfe beantragt hatte.
Gemäß § 116 Nr. 2 ZPO haben juristische Personen, die im Inland gegründet wurden und ansässig sind, einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten weder von der Körperschaft noch von den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. Darüber hinaus muss eine mögliche Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung auch allgemeinen Interessen zuwiderlaufen. Sinn und Zweck dieser Norm ist, dass jedem die Möglichkeit eröffnet werden soll, trotz fehlender finanzieller Mittel, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Das OVG hat vorliegend den Antrag des Umweltverbands zurückgewiesen. Der Antragsteller habe nach Ansicht des Gerichts unterlassen, zur Verfolgung seiner Zwecke ausreichende Mitgliedsbeiträge zu erheben und entsprechende Rücklagen zu bilden. Insbesondere habe es der Verband - unter Missachtung des aus § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UmwRG erwachsenden Gebots zur Beschaffung von Mitteln, um aus eigener Kraft die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung zu bieten - versäumt, die Mitgliedsbeiträge entsprechend der Vorhaben anzuheben. Ein Umweltverband, der seine satzungsmäßigen Ziele auf Kosten der Allgemeinheit verfolgen wolle, stelle damit seine eigene Existenzberechtigung in Frage.
Überdies setze die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen eingetragenen Verein voraus, dass auch die am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht in der Lage seien, die erforderlichen Kosten aufzubringen. Insofern seien alle Vereinsmitglieder als wirtschaftlich Beteiligte i.S.v. § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO anzusehen. Hierdurch solle verhindert werden, dass vermögende Personen sich einer unvermögenden Gesellschaft bedienen, um die Kosten eines Rechtsstreits auf die Allgemeinheit zu übertragen.
Deshalb sei auch derjenige im Sinne des § 116 Nr. 2 ZPO als wirtschaftlich Beteiligter anzusehen, der ein eigenes Interesse am Streitgegenstand hat und durch die juristische Person repräsentiert werde. Der Begriff des wirtschaftlich Beteiligten umfasse daher auch die Mitglieder von (gemeinnützigen) Idealvereinen.
Der Beschluss des OVG Lüneburg sorgt dafür, dass es (gemeinnützigen) Vereinen künftig schwieriger fallen dürfte, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Insbesondere Interessenvertretungen, wie Umweltverbände, die regelmäßig durch Gerichtsverfahren Bauvorhaben verhindern wollen, müssen sich vorrangig über ihre Mitglieder finanzieren – insbesondere auch dann, wenn Kern der Tätigkeit ist, “Verhinderungsklagen” zu führen. Aber auch auf Verbraucherschutzverbände sind die entwickelten Grundsätze anwendbar.
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