Keine Betriebsaufspaltung zwischen eingetragenen Vereinen ohne personelle Verflechtung – FG Hamburg stärkt steuerfreie Tätigkeit von Berufsverbänden

24.07.2025
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Mit Urteil vom 8. April 2025 (Az. 5 K 103/24) hat das Finanzgericht Hamburg eine für eingetragene Vereine bedeutsame Entscheidung getroffen. Es verneinte das Vorliegen einer steuerpflichtigen Betriebsaufspaltung zwischen zwei eingetragenen Vereinen mangels personeller Verflechtung – und bestätigte zugleich die Körperschaftsteuerfreiheit des klagenden Berufsverbands. 

Das Finanzgericht hat entschieden, dass eine Betriebsaufspaltung nicht anzunehmen ist, wenn die sogenannte Besitzgesellschaft nicht selbst stimmberechtigtes Mitglied in der sogenannten Betriebsgesellschaft ist. Zudem bestätigte das Gericht die Körperschaftsteuerfreiheit des klagenden Berufsverbands gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG und verneinte das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Zusammenhang mit der Überlassung von Personal- und Sachmitteln an einen verbundenen Verein. 

Hintergrund 

Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter sind von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, soweit ihr Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Unterhalten sie einen solchen Geschäftsbetrieb, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Ein Berufsverband im steuerrechtlichen Sinne ist ein Zusammenschluss von natürlichen Personen oder Unternehmen, der allgemeine ideelle und wirtschaftliche Interessen eines Berufs oder Wirtschaftszweigs wahrnimmt. 

Zu einer Betriebsaufspaltung kommt es im Vereinsbereich, wenn gewerbliche Tätigkeiten von einem Verein auf eine andere Kapitalgesellschaft ausgelagert wird. Die Betriebsaufspaltung führt dazu, dass die Steuerfreiheit des Vereins insoweit eingeschränkt ist.   

Für die Annahme einer Betriebsaufspaltung ist es erforderlich, dass zwischen der sogenannten Besitz- und der Betriebsgesellschaft sowohl eine sachliche als auch eine personelle Verflechtung besteht.  

  • Sachliche Verflechtung: Überlassung von Wirtschaftsgütern – z.B. Geschäftsräumen. 

  • Personelle Verflechtung: dieselben Personen müssen in beiden Gesellschaften ihren geschäftlichen Willen durchsetzen können – z.B. durch eine Mehrheit der Stimmrechte in der Mitgliederversammlung 

Sachverhalt 

Im Streitfall war der Kläger ein steuerbefreiter Berufsverband, der Räumlichkeiten an einen anderen Verein vermietete, dessen Mitglieder ausschließlich Vorstandsmitglieder des Berufsverbands waren. Die Räumlichkeiten des Klägers wurden überwiegend vom anderen Verein genutzt, der unter anderem Schulungsmaßnahmen durchführte. Die Finanzierung der gemeinsamen Infrastruktur erfolgte über eine Pauschale, die 90 % der beim Kläger entstandenen Verwaltungskosten abdecken sollte. Diese umfasste insbesondere Gehälter, Versicherungen sowie Bürokosten 

Das Finanzamt sah darin einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und unterstellte eine Betriebsaufspaltung mit der Folge einer Steuerpflicht.  

Der Kläger hielt dem entgegen, dass seine Tätigkeit weiterhin auf die Förderung des Berufsstands gerichtet sei und keine gewerbliche Betätigung vorliege. Die Gestellungen erfolgten ausschließlich im Rahmen der ideellen Arbeit beider Vereine. 

Entscheidung des Gerichts 

Das FG Hamburg gab der Klage statt. Es stellte fest, dass der Kläger in den Streitjahren als Berufsverband im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG anzusehen und daher von der Körperschaftsteuer befreit sei.  

Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers und stellte klar: 

Keine personelle Verflechtung: Zwar war eine sachliche Verflechtung durch die Raumüberlassung gegeben, nicht aber eine personelle. Der Kläger(-verein) war nicht selbst Mitglied im anderen Verein und konnte folglich keinen eigenen geschäftlichen Einfluss auf die Mitgliederversammlung und damit die Willensbildung des anderen Vereins (als Betriebsgesellschaft) ausüben. Dass einzelne Personen in beiden Vereinen tätig waren, reichte nicht aus. Entscheidend sei allein die rechtlich abgesicherte Einflussnahme durch die juristische Person – und diese lag nicht vor. Der Einwand des Finanzamts, der Kläger habe durch organisatorische Verflechtungen und eine faktische Beherrschung des anderen Vereins Einfluss genommen, überzeugte das Gericht nicht. Eine faktische personelle Verflechtung könne eine rechtlich abgesicherte Einflussmöglichkeit nicht ersetzen. 

Keine gewerbliche Tätigkeit: Auch in der Überlassung von Räumen und Personal sah das Gericht keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die Zahlungen des Vereins deckten nur anteilig die Kosten der Verwaltung und dienten nicht der Gewinnerzielung. Die ideelle Zweckverfolgung blieb prägend. 

Bedeutung für die Praxis 

Das Urteil stärkt die Rechtsposition von Berufsverbänden und gemeinnützigen Organisationen: 

  • Klarstellung zur Betriebsaufspaltung: Eine Betriebsaufspaltung zwischen zwei juristischen Personen setzt eine formale Einflussmöglichkeit der Besitzgesellschaft auf die Betriebsgesellschaft voraus. Maßgeblich ist, ob die Besitzgesellschaft selbst in der Lage ist, durch eigene Mitgliedschaft und entsprechende Stimmrechte die Geschicke der Betriebsgesellschaft zu beeinflussen. Dies ist bei juristischen Personen, die nicht selbst Mitglied der anderen Körperschaft sind, regelmäßig zu verneinen. Eine bloße „faktische Beherrschung“ genügt nicht. 

  • Abgrenzung zur wirtschaftlichen Betätigung: Zugleich unterstreicht das Urteil die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung der tatsächlichen Geschäftsführung bei Berufsverbänden. Die bloße Überlassung von Räumen oder Personal begründet für sich genommen keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, solange diese Leistungen im Rahmen einer übergeordneten ideellen Tätigkeit erfolgen und die Einnahmen nicht prägend sind. 

Für gemeinnützige Körperschaften, aber auch steuerbefreite Berufsverbände, bietet das Urteil eine wichtige Klarstellung hinsichtlich der Grenzen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Betätigungen und der Voraussetzungen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung. 

Falls Sie ähnliche Fragestellungen haben oder eine steuerrechtliche Bewertung Ihrer Organisationsstruktur benötigen, wenden Sie sich gerne an die Expertinnen und Experten von SCHOMERUS.

Bildnachweis:leolintang/Stock-Fotografie-ID:147323502

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