Es ist gängige Praxis in gerichtlichen Trennungsprozessen auch die Frage eines etwaigen Urlaubsabgeltungsanspruchs abschließend regeln zu wollen. Hierzu wird regelmäßig ein sog. „Tatsachenvergleich“ geschlossen. Dies bedeutet schlicht eine Vereinbarung zwischen den Parteien darüber, dass keine offenen Urlaubstage (mehr) bestehen. Hier hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 3.Juni 2025 – 9 AZR 104/24 nun erneut deutlich gemacht: Voraussetzungslos ist dies nicht möglich, insbesondere aufgrund der Schutzfunktion des § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG für den gesetzliche Mindesturlaubsanspruch.
In dem zugrundliegenden Sachverhalt hatten sich die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich auf die Beendigung des noch laufenden Arbeitsverhältnisses geeinigt und zugleich eine Formulierung in den Vergleich aufgenommen, wonach der Urlaub „in natura“ gewährt worden sei. Die Crux: Der klagende Arbeitnehmer war nachweislich im fraglichen Zeitraum krankheitsbedingt gar nicht in der Lage, den Urlaub zu nehmen.
Der Arbeitnehmer machte in der Folge erfolgreich klageweise Urlaubsabgeltungsansprüche geltend.
Das BAG blieb in der o. g. Entscheidung seiner Rechtsprechungslinie treu und entschied, dass die im Vergleich aufgenommene Vereinbarung nichtig ist, § 134 BGB.
Grund hierfür ist § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG. Dieser besagt, dass von den Bestimmungen des BUrlG grundsätzlich nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Insoweit sei auch ein Verzicht auf den gesetzlichen Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis nicht möglich. Hiervon könne nur durch Tatsachenvergleich abgewichen werden.
Allerdings sah das BAG im konkreten Fall bereits die Voraussetzungen für eine solchen Tatsachenvergleich nicht als gegeben an. Denn für einen solchen müsste tatsächlich eine Ungewissheit über Tatsachen vorliegen. Dies sei im vorliegenden Fall aufgrund der unstreitigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers gerade nicht gegeben, da es dem Kläger offensichtlich nicht möglich war, Urlaub zu nehmen. Dieser Grundsatz gelte auch, wenn im Zeitpunkt des Vergleichs bereits feststehe, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in natura werde nehmen können.
Die beklagte Arbeitgeberin drang auch mit dem Argument nicht durch, der Kläger verstoße gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er nun einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend mache, nachdem er zuvor dem Vergleich zugestimmt habe. Das BAG betont, dass der Kläger sich auch bei einer vorherigen Zustimmung zum Vergleich später auf dessen Unwirksamkeit berufen könne, gerade wenn er seine Bedenken im Rahmen der Vergleichsverhandlungen deutlich gemacht habe.
Die Entscheidung zeigt: Bei der Gestaltung von Klauseln zur Abgeltung von Urlaubsansprüchen ist sehr genau auf den Zeitpunkt des Vergleichsschlusses zu achten. Sofern ein Vergleich vor dem tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird, bleibt der gesetzliche Urlaubsanspruch bestehen. Erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann hierüber bspw. im Wege eines Vergleichs verfügt werden. Es sei hier jedoch auch darauf hingewiesen, dass der Maßstab des BAG nur für den gesetzlichen, nicht aber den vertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch gilt.
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