Das Amtsgericht (AG) Spandau hat mit Urteil vom 27.06.2024 (Az. 3 C 78/24) über die Anforderungen an die Einladung zu Mitgliederversammlungen im Hybridformat entschieden. Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob die Einladung und Durchführung einer hybriden Mitgliederversammlung den Vorgaben des § 32 Abs. 2 BGB entsprachen.
Nach § 32 Abs. 2 BGB können Vereinsmitglieder auch ohne physische Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Mitgliederversammlung teilnehmen und ihre Mitgliederrechte ausüben. Diese Möglichkeit setzt jedoch voraus, dass die entsprechende Form der Versammlung in der Satzung des Vereins geregelt ist oder in der Ladung zur Mitgliederversammlung auf die hybride Teilnahme hingewiesen und klargestellt worden ist, wie die Mitglieder im Wege der elektronischen Kommunikation ihre Rechte ausüben können.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen, die während zweier Mitgliederversammlungen eines Vereins gefasst wurden. Beide Versammlungen fanden in hybrider Form statt, die Teilnahme war sowohl in Präsenz als auch online möglich. Der Verein hatte in den Einladungen eine verbindliche Anmeldefrist für die Teilnahme im Online-Format festgelegt, die jeweils fünf Tage vor der Versammlung ablief. Die Einladung enthielt keine detaillierten Informationen zur konkreten technischen Ausgestaltung der Online-Teilnahme.
Die Klägerin brachte vor, dass die Einladungen die Mitglieder unzureichend über die Möglichkeiten der elektronischen Teilnahme informierten und die Anmeldefrist unzulässig sei, da sie nicht in der Satzung des Vereins verankert wurde. Zudem seien Hinweise zur Ausübung wesentlicher Mitgliederrechte wie des Rede- und Antragsrechts über die genutzte elektronische Plattform unklar oder gar nicht angegeben worden. Die Klägerin beanstandete, dass Mitglieder durch die unzureichenden Informationen von der Teilnahme abgehalten oder in ihren Rechten beschränkt worden seien.
Das AG erklärte sämtliche Beschlüsse der beiden Mitgliederversammlungen für unwirksam, da die Einberufung der Versammlungen rechtsfehlerhaft erfolgte. Es stellte fest, dass die Einladungen gegen die Vorgaben des § 32 Abs. 2 BGB verstoßen haben. Insbesondere wurden zwei wesentliche Mängel identifiziert:
Erstens rügte das Gericht die Festlegung verbindlicher Anmeldefristen für die Online-Teilnahme. Aus § 32 Abs. 2 BGB ergebe sich, dass eine solche Regelung nur zulässig sei, wenn sie ausdrücklich in der Satzung des Vereins verankert ist. Eine entsprechende Satzungsregelung läge jedoch nicht vor. Die gesetzliche Regelung erlaube keine Einschränkung der Teilnahme- und Mitwirkungsrechte der Mitglieder durch einseitige Festlegungen des Vereins, die nicht von der Mitgliederversammlung zuvor legitimiert worden sind.
Zweitens bemängelte das Gericht die unzureichenden Informationen zur konkreten technischen Ausgestaltung der Online-Teilnahme. Zwar wurde in der Einladung angegeben, dass das Abstimmungstool „POLYAS“ verwendet werde, doch wurde nicht hinreichend klargestellt, wie Mitglieder über dieses System ihre Rede- und Antragsrechte wahrnehmen könnten. Nach Ansicht des Gerichts umfasse das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitglieds mehr als das bloße Abstimmungsrecht, weshalb die Einladung auch Angaben dazu enthalten muss, wie diese Rechte ausgeübt werden könnten.
Das Gericht betonte, dass die Teilnahme an der Mitgliederversammlung zu den zentralen Rechten eines Vereinsmitglieds gehört. Mängel in der Einladung, die eine uneingeschränkte Teilnahme erschweren oder verhindern, würden daher die Nichtigkeit aller in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse begründen.
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung rechtssicherer Einladungen zu Hybridversammlungen. Vereine sollten ihre Satzungen überprüfen und an die Anforderungen des § 32 Abs. 2 BGB anpassen, wenn sie hybride Versammlungen abhalten möchten. Fehlt eine entsprechende Satzungsregelung, müssen Einladungen besonders sorgfältig formuliert werden, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
Wir unterstützen Sie gerne bei der rechtssicheren Gestaltung Ihrer Mitgliederversammlungen und stehen Ihnen für konkrete Fragen gern zur Verfügung.
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