Dezemberabschlag – Freude und Irrsin

31.01.2023
Aktuelles
4 Minuten

Mit dem Jahressteuergesetz 2022, dass am 20.12.2022 verkündet wurde hat die Bundesregierung eine interessante neue Regelung geschaffen. Sie ist nicht interessant, weil sie eine besondere steuerpolitische Tragweite hat oder gar das Steuerrecht maßgeblich vereinfacht, sondern eindrucksvoll dokumentiert, durch welche politischen Überlegungen das Steuerrecht stetig weiter verbogen und verkompliziert wird.

Es geht um die sog. Dezember-Soforthilfe für Haushalte und Unternehmen. Der Bund übernimmt die Kosten für den Dezember-Abschlag für Gas und Wärme. Damit entlastet er Gas- und Fernwärmekundinnen und -kunden, um den Zeitraum bis zur Gaspreisbremse zu überbrücken.

Da die Bundesregierung nicht in der Lage war, den Dezember-Abschlag nur denjenigen zu gewähren, die wirklich Hilfe benötigen, wurde in den neu eingefügten §§ 123–126 EStG Vorschriften zur Besteuerung der Gas-/Wärmepreisbremse eingefügt. Die gewährten Entlastungen nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz sind demnach grundsätzlich steuerpflichtige sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG. Dies gilt aber nur, wenn ein Solidaritätszuschlag festzusetzen ist. Damit sind die Entlastungen nur bei solchen Steuerpflichtigen Einkünfte, deren zu versteuerndes Einkommen so hoch ist, dass überhaupt Solidaritätszuschlag festgesetzt wird. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 66.915 EUR bis 104.009 EUR wird die Entlastung nur zu einem Bruchteil als Einkünfte angesetzt, wobei dieser Bruchteil im Verlauf dieser Milderungszone von 0 % auf 100 % linear ansteigt. Darüber hinaus ist auch die Energiepreispauschale für Ruheständler einkommensteuerpflichtig, und zwar bei Bezug nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 3 EStG Inf.) und bei Bezug nach dem Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. c EStG nF). Alles klar?

Es handelt sich um Vorschriften, die in der Praxis sowohl für Steuerpflichtige als auch Steuerberater und Finanzämter nur mit Mühe anwendbar ist. Knappe Bearbeitungskapazitäten bei Beratern und Finanzämtern werden unnötig strapaziert und die steuergerechte Umsetzung der Vorschriften erscheint kaum denkbar. Hinzu kommt , dass auch irgendjemand im Bundesfinanzministerium diese abstrusen Wünsche der Politiker als Gesetz formulieren musste. Welche eine Meisterleistung und Verschwendung von Ressourcen. So wird es nichts mit der allseits und stetig wiederholten Absicht, das Steuerrecht zu vereinfachen. Das alles passiert zu dem unter der Verantwortung eines sog. liberalen Finanzministers.  

Unabhängig von dem Sinn dieser Regelungen stellen sich zudem erheblich verfassungsrechtliche Bedenken, wodurch in der Folge Steuerberater, Finanzämter und Gerichte sowie die Geduld der Steuerpflichtigen weiter beansprucht werden. Auch dadurch werden weitere Kosten in allen Bereichen verursacht und letztendlich das Vertrauen in die Politik und die Steuergerechtigkeit weiter beschädigt.

Hier ist der Gesetzestext im Original, um den ganzen Irrsinn zu dokumentieren. Kaum verständlich, wirkt aber vielleicht, wenn man mal nicht einschlafen kann:

Besteuerung der Gas-/Wärmepreisbremse

§ 123 Grundsatz der Besteuerung

(1) Die einmalige Entlastung bei leitungsgebundenen Erdgaslieferungen an Letztverbraucher nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes wird den Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nummer 3 Satz 1 zugeordnet, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6) noch zu den Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 1, 1a, 2 oder Nummer 4 gehört. Satz 1 gilt auch für die vorläufige Leistung des Erdgaslieferanten auf die Entlastung bei Letztverbrauchern mit Standardlastprofil nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes, die finanzielle Kompensation nach § 4 Absatz 1 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes sowie die Entlastungen bei Mietverhältnissen und in Wohnungseigentümergemeinschaften nach § 5 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes. § 22 Nummer 3 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Gehört eine Entlastung im Sinne des Absatzes 1 zu den Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nummer 3 Satz 1, dann ist die Entlastung nach Absatz 1 nicht Gegenstand der Berechnungen zu § 2 Absatz 1 bis 5, sondern wird dem zu versteuernden Einkommen des § 2 Absatz 5 Satz 1 nach Maßgabe des § 124 hinzugerechnet.

§ 124 Einstieg und Milderungszone

(1) Die Entlastung nach § 123 Absatz 1 ist mit Beginn der Milderungszone des Absatzes 2 dem zu versteuernden Einkommen nach § 2 Absatz 5 Satz 1 in Höhe des Hinzurechnungsbetrags nach Absatz 2 zuzurechnen. Oberhalb der Milderungszone des Absatzes 2 wird die Entlastung nach § 123 Absatz 1 dem zu versteuernden Einkommen des § 2 Absatz 5 Satz 1 in voller Höhe zugerechnet.

(2) Die Milderungszone beginnt ab einem zu versteuernden Einkommen von 66.915 Euro und endet bei einem zu versteuernden Einkommen von 104.009 Euro. Bei Ehegatten, die zusammenveranlagt werden, beginnt die Milderungszone ab einem zu versteuernden Einkommen von 133.830 Euro und endet bei einem zu versteuernden Einkommen von 208.018 Euro. Im Bereich der Milderungszone ist als Zurechnungsbetrag nach § 123 Absatz 2 nur der Bruchteil der Entlastungen des § 123 Absatz 1 einzubeziehen, der sich als Differenz aus dem individuellen zu versteuernden Einkommen des Steuerpflichtigen und der Untergrenze der Milderungszone dividiert durch die Breite der Milderungszone errechnet.

§ 125 Zufluss und Besteuerung

Ist eine Entlastung nach § 123 Absatz 1 den Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nummer 3 Satz 1 zuzuordnen, gelten für deren Besteuerung die in den Rechnungen nach § 2 Absatz 3, § 3 Absatz 1 Satz 4 und nach § 4 Absatz 2 des Erdgas-WärmeSoforthilfegesetzes als Kostenentlastung gesondert ausgewiesenen Beträge im Veranlagungszeitraum der Erteilung dieser Rechnung als nach § 11 Absatz 1 Satz 1 zugeflossen. Satz 1 gilt entsprechend für die Abrechnungen der Vermieter und Verpächter nach § 5 Absatz 1 und 5 des ErdgasWärme-Soforthilfegesetzes sowie der Wohnungseigentümergemeinschaften nach § 5 Absatz 3 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes.

§ 126 Anwendung von Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung

(1) Für die einmalige Entlastung bei leitungsgebundenen Erdgaslieferungen an Letztverbraucher nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes gelten die Strafvorschriften des § 370 Absatz 1 bis 4 und 7, der §§ 371, 375 Absatz 1 und des § 376 der Abgabenordnung sowie die Bußgeldvorschriften der §§ 378 und 379 Absatz 1 und 4 sowie der §§ 383 und 384 der Abgabenordnung entsprechend.

(2) Für das Strafverfahren wegen einer Straftat nach Absatz 1 sowie der Begünstigung einer Person, die eine solche Tat begangen hat, gelten die §§ 385 bis 408 der Abgabenordnung entsprechend.

(3) Für das Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 gelten die §§ 409 bis 412 der Abgabenordnung entsprechend.

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