Beschluss des OLG Karlsruhe: Vereinslöschung nur mit Gläubigeraufruf

25.11.2025
Gemeinnützigkeit
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Mit Beschluss vom 4.9.2025 (Az. 19 W 47/25 (Wx)) hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden, dass die Anmeldung der Vereinslöschung nur dann zulässig ist, wenn zuvor ein gesetzlich vorgeschriebener Gläubigeraufruf (§ 50 BGB) erfolgt ist. Das gilt auch dann, wenn der Verein bei der Anmeldung vermeintlich vermögenslos ist.

Hintergrund

Wenn ein Verein aufgelöst wird, muss die Auflösung durch die Liquidatoren verbunden mit einer Aufforderung an die Gläubiger, ihre Ansprüche anzumelden, bekannt gemacht werden (§ 50 Abs. 1 BGB). Diese Regelung dient dem Schutz der Gläubiger, damit diese ihre Forderungen noch geltend machen können, bevor der Verein endgültig aus dem Vereinsregister gelöscht wird. Gelöscht werden darf der Verein erst nach Ablauf eines sog. Sperrjahres und der Begleichung aller gemeldeten Forderungen.

In Rechtsprechung und Literatur ist nicht eindeutig geklärt, ob dieser Gläubigeraufruf auch dann erforderlich ist, wenn der Verein vermögenslos ist. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die Bekanntgabe der Auflösung und der Gläubigeraufruf im Falle der Vermögenslosigkeit unterbleiben können, weil dadurch nur unnötige Kosten entstünden und bei sich daraufhin meldenden Gläubigern nutzlose Hoffnungen erweckt würden. Nach anderer Auffassung haben die Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse daran, die von den Liquidatoren angenommene Vermögenslosigkeit in Zweifel ziehen zu können, bevor der Verein nach Abschluss der Liquidation vollbeendet wird.

Sachverhalt

Im Fall vor dem OLG Karlsruhe hatte das Registergericht am 5.2.2025 die Auflösung eines Vereins und die Bestellung eines Liquidators in das Vereinsregister eingetragen. Dem lag eine Anmeldung zugrunde, wonach der Verein durch Beschluss der Mitgliederversammlung am 25.9.2024 aufgelöst worden sei.

Wenig später teilte der Liquidator dem Registergericht mit, dass keine Gläubiger vorhanden seien, das Vereinsvermögen 0 Euro betrage und fragte an, ob nicht bereits jetzt eine Vereinslöschung im Register in Betracht komme. Das Registergericht versagte die sofortige Löschung, da bei Vereinsauflösung noch Vermögen vorhanden gewesen sei. Im März 2025 meldete der Liquidator gleichwohl die Löschung des Vereins an. Eine Liquidation sei nicht erforderlich und finde nicht statt; Vermögen oder Verbindlichkeiten des Vereins seien nicht vorhanden.

Das Amtsgericht (AG) wies diese Anmeldung zur Löschung zurück, da die Voraussetzungen der Vereinslöschung nicht vorlägen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass zum Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses im September 2024 noch ein Kontovermögen von 1.254 Euro vorhanden gewesen sei. In einem solchen Fall hätte zwingend ein Gläubigeraufruf erfolgen müssen. Dies gelte auch dann, wenn zu erwarten sei, dass kein Vermögen nach Begleichung der Gläubigerforderungen verbleibe.

Dagegen legte der Liquidator Beschwerde ein, da es keinen Grund für einen Gläubigeraufruf und ein Sperrjahr gebe, wenn bei Anmeldung der Löschung kein Vereinsvermögen mehr vorhanden sei. Zudem sei nicht ersichtlich, wer bei fehlendem Vereinsvermögen die Kosten des Gläubigeraufrufs übernehmen solle. Das AG hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen.

Entscheidung des Gerichts

Auch das OLG Karlsruhe wies die Beschwerde zurück und bestätigte, dass das AG die Anmeldung der Löschung des Vereins zu Recht zurückgewiesen hat.

Nach Auffassung des OLG Karlsruhe würde der Zweck des § 50 BGB verfehlt werden, wenn die Liquidatoren nach Auflösung des Vereins nach eigenem Ermessen die Forderungen einzelner Gläubiger erfüllen, dadurch die Vermögenslosigkeit des Vereins herbeiführen und dann auf die Aufforderung an etwa vorhandene andere Gläubiger verzichten könnten. Das Ziel der Gesetzesregelung, die berechtigten Interessen aller Gläubiger zu wahren, erfordere es, die Gläubigeraufforderung vorzunehmen und die berechtigten Ansprüche zu erfüllen, soweit das Vereinsvermögen dies hergibt.

Wenn bei Auflösung des Vereins noch Vermögen vorhanden ist und in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise vorgegangen wird, könne das Vereinsvermögen vorrangig für den Gläubigeraufruf und der dann verbleibende Betrag für die Befriedigung der Gläubiger eingesetzt werden. Geht der Liquidator nicht so vor, nehme er in Kauf, für einen späteren Gläubigeraufruf eigene Mittel einsetzen zu müssen, wenn er eine Löschung des Vereins erreichen will.

Der Gläubigeraufruf könne auch nicht durch die Versicherung des Liquidators ersetzt werden, ihm seien keine (über die erfüllten hinausgehenden) Forderungen gegenüber dem Verein bekannt. Der Gläubigeraufruf bezwecke nämlich gerade, dass sich Gläubiger melden können, deren Forderungen nicht bekannt sind.

Ausblick

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stellt die Verfahrensreihenfolge für Liquidatoren klar: Liquidatoren müssen die gesetzlich vorgesehene Reihenfolge einhalten. Zunächst muss der Gläubigeraufruf erfolgen, erst danach dürfen Gläubigerforderungen bedient werden. Eine nachträgliche Herbeiführung der Vermögenslosigkeit durch selektive Gläubigerbefriedigung ist nicht zulässig. Die Entscheidung stärkt den Schutz von Gläubigern, die dem Liquidator möglicherweise nicht bekannt sind.

Das Gericht hat offengelassen, ob ein Gläubigeraufruf entbehrlich sein kann, wenn der Verein bereits bei seiner Auflösung vollständig vermögenslos war. Diese Frage bleibt damit weiterhin ungeklärt und könnte in einem anderen Fall anders entschieden werden. Für die Praxis bedeutet das: Im Zweifel sollte immer ein Gläubigeraufruf durchgeführt werden, wenn bei Auflösung des Vereins noch Vermögen vorhanden ist - unabhängig davon, wie gering dieses Vermögen ist.

Falls Sie Unterstützung bei der Auflösung Ihres Vereins benötigen oder Fragestellungen in diesem Bereich haben, wenden Sie sich gerne an die Expertinnen und Experten von SCHOMERUS.

Bildnachweis:urbazon/Stock-Fotografie-ID:1013076770

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