Nachdem der Gesetzgeber zum Jahreswechsel diverse Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht vorgenommen hat, hat nun auch die Finanzverwaltung die Regelungen in dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung aufgenommen und verarbeitet. Insbesondere zur Ausnahme von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung, zum planmäßigen Zusammenwirken mehrerer steuerbegünstigter Körperschaften und zur Mittelweitergabe hat die Finanzverwaltung Hinweise zu den Gesetzesänderungen veröffentlicht. Grundsätzlich ergibt der Anwendungserlass stets nur die Meinung der Finanzverwaltung wieder, für Finanzgerichte ist ausschließlich das Gesetz bindend.
Grundsätzlich müssen gemeinnützige Körperschaften die ihnen zufließenden Mittel zeitnah, d. h. bis zum Ende des auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahres verwenden. Seit dem 1.1.2020 gilt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung nicht mehr für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen bis zu 45.000 €. Die Finanzverwaltung hat nun konkretisiert, dass die Einnahmen grundsätzlich nach dem Zuflussprinzip (§ 11 EStG) zu ermitteln sind. Das bedeutet, dass eine Zuwendung, die für mehrere Jahre gewährt wird, ausschließlich im Zeitpunkt der Zahlung zu berücksichtigen ist und eine Abgrenzung über mehrere Jahre nicht erfolgt. Es sind grundsätzlich alle Einnahmen der Körperschaft zu berücksichtigen, die in einem Jahr zugeflossen sind. Hiervon sind auch Mittel umfasst, die selbst nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (zum Beispiel Spenden in den Vermögensstock der Körperschaft).
Sofern die Grenze von 45.000 € in einem Jahr unterschritten wird, ist in der Folge für sämtliche vorhandene Mittel die Pflicht zur zeitnahen Verwendung ausgesetzt. Wenn in einem folgenden Jahr die Grenze überschritten wird, unterliegen die Einnahmen aus diesem Jahr der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Aus den Vorjahren noch vorhandenen Mittel unterliegen demgegenüber nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.
Praxishinweis:
Körperschaften, die aufgrund ihrer Rechtsform bilanzieren (zum Beispiel GmbHs), erstellen ihre Abschlüsse nicht nach dem Zuflussprinzip des § 11 EStG. Hier ist im Zweifel anhand einer Überleitungsrechnung jährlich zu prüfen, ob die Grenzen überschritten werden.
Die Finanzverwaltung definiert das planmäßige Zusammenwirken als ein gemeinsames inhaltlich abgestimmtes und koordiniertes Wirken von zwei oder mehreren steuerbegünstigten Körperschaften, mit dem Ziel, einen ihrer gemeinsamen Satzungszwecke zu verwirklichen. Das Zusammenwirken kann hierbei sowohl durch Dienstleistung als auch durch Nutzungsüberlassung erfolgen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die Leistung direkt an eine steuerbegünstigte Körperschaft erbracht wird. Die Leistung kann auch direkt an einen nicht steuerbegünstigten Dritten erbracht werden, wenn die verschiedenen Leistungselemente der zusammenwirkenden Körperschaften insgesamt in die Förderung eines gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks münden. Es ist nicht erforderlich, dass die beteiligten Körperschaften wiederholt zusammenarbeiten. Daneben ist keine gesellschafts- oder verbandsrechtliche Verbundenheit der Körperschaften nötig. Die Körperschaft, die sich auf die Zweckverwirklichung durch planmäßiges Zusammenwirken beruft, darf auf die Steuerbegünstigung des Kooperationspartners vertrauen, wenn sie sich deren Satzung sowie einen Freistellungsbescheid vorlegen lässt.
Damit das planmäßige Zusammenwirken als unmittelbare Zweckverwirklichung angesehen wird, ist es erforderlich, dass es in der Satzung als Art der Zweckverwirklichung festgehalten wird. Dabei fordert die Finanzverwaltung, dass die Kooperationspartner sowie die Art und Weise der Kooperation in der Satzung aller Beteiligten bezeichnet wird. Inwieweit in der Praxis tatsächlich beispielsweise jede Gesellschaft in einem Konzern oder einem Verband angegeben werden muss, wird im Einzelfall mit der Finanzverwaltung abzustimmen sein. Die Forderung der Finanzverwaltung geht hierbei deutlich über das hinaus, was im Gesetz vorgeschrieben ist.
Die Beurteilung, ob die von den Kooperationspartnern erbrachten Leistung insgesamt einen Zweckbetrieb darstellen, erfolgt in einer einheitlichen Beurteilung für alle beteiligten Körperschaften. Hierbei ist zu prüfen, ob es sich, wenn alle Leistung von einer einzigen Körperschaft ausgeübt würden, um einen steuerbegünstigte Tätigkeit (Zweckbetrieb oder ideelle Tätigkeit) handeln würde. Die einzelnen Leistungen werden nicht isoliert betrachtet. Für außerhalb des Zusammenwirkens erbrachte Leistung gelten die allgemeinen Regelungen. So kann zum Beispiel eine Servicegesellschaft innerhalb eines Konzerns sowohl an gemeinnützige als auch an gewerbliche Konzernunternehmen Serviceleistungen erbringen. Insoweit sie diese Leistungen an gemeinnützige Gesellschaften erbringt, liegt ein Zweckbetrieb vor. Bei Leistungserbringung an gewerbliche Gesellschaften ist die Leistung dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.
Praxishinweis:
Wenn Sie planen, eine bisher gewerbliche Gesellschaft auf Grundlage des planmäßigen Zusammenwirkens zukünftig als gemeinnützige Gesellschaft anerkennen zu lassen, ist dies jeweils nur ab Beginn eines Kalenderjahres möglich. Da hier im Vorwege umfangreiche Satzungsänderungen (Anpassungen an Mustersatzung, Bezeichnung und Konkretisierung des planmäßigen Zusammenwirkens) vorzunehmen sind, die mit dem Finanzamt abgestimmt werden müssen, empfehlen wir, hier genug Zeit einzuplanen und idealerweise jetzt mit den Vorbereitungen zu beginnen. Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir Sie hier unterstützen können.
Seit dem 1.1.2020 ist auch das ausschließliche Halten und Verwalten von steuerbegünstigten Körperschaften als unmittelbare Erfüllung des Satzungszwecks anerkannt. Eine Mindestbeteiligungsquote ist hierbei nicht erforderlich; es ist unschädlich, wenn daneben auch Anteile an steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften gehalten werden. Die Beteiligung an einer steuerbegünstigten Körperschaft ist dabei dem ideellen Bereich zuzuordnen, wenn identische steuerbegünstigte Zwecke durch die Holdinggesellschaft und die Beteiligungsgesellschaft verfolgt werden.
Sofern eine Holdinggesellschaft Leistungen für ihre Tochtergesellschaften erbringt, die über das Halten und Verwalten hinausgehen (zum Beispiel Buchführungsdienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen) können diese im Rahmen eines planmäßigen Zusammenwirkens einen Zweckbetrieb der Holdinggesellschaft darstellen. Hierfür wären die oben erläuterten Anpassungen in der Satzung (Aufnahme des planmäßigen Zusammenwirkens als Zweckverwirklichung, Bezeichnung der Kooperationspartner) erforderlich.
In der Vergangenheit konnte eine steuerbegünstigte Körperschaft, die ihre Mittel an andere gemeinnützige Körperschaften weitergegeben hat, dies – ohne eine Anpassung ihrer Satzung – nur in bestimmten Grenzen vornehmen. Zukünftig ist eine Anpassung der Satzung nur dann erforderlich, wenn die Weitergabe der Mittel die einzige Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks darstellt. Sofern die Körperschaft den Zweck auch unmittelbar durch eigenes Handeln verwirklicht, ist keine Satzungsanpassung mehr nötig. Hierbei ist jeder Zweck einzeln zu betrachten. Voraussetzung ist, dass die Empfängerkörperschaft den Zweck, der mit den weiter gegebenen Mitteln verwirklicht werden soll, in ihrer Satzung aufführt. Im Übrigen müssen die Zwecke nicht identisch sein.
Die Mittelweitergabe kann auch in Form von Nutzungsüberlassung oder Dienstleistung erfolgen. Werden diese unentgeltlich oder lediglich gegen Kostenübernahme ausgeführt, sind sie dem ideellen Bereich bzw. dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Sofern mehr als die entstandenen Kosten abgerechnet werden, sind die Leistungen dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.
Ausschüttung und sonstige Zuwendung an Gesellschafter oder Mitglieder sind unschädlich, wenn es sich hierbei ausschließlich um steuerbegünstigte Körperschaften handelt
Die Finanzverwaltung hat ausländische Körperschaften ausdrücklich als mögliche Mittelempfänger aufgenommen. Bei diesen Empfängern muss die spätere Verwendung der Mittel für steuerbegünstigte Zwecke ausreichend nachgewiesen werden.
Die Finanzverwaltung erläutert einige der neu aufgenommenen Zwecke (Ortsverschönerung, Freifunk, Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen). Daneben wird klargestellt, dass eine Anpassung der Satzung an die neuen Zwecke nicht erforderlich ist, wenn die bisherige satzungsgemäße steuerbegünstigte Tätigkeit weiterhin in gleichem Umfang durchgeführt wird.
In 2020 wurde die Grenze, ab der eine Besteuerung des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erfolgt, von 35.000 € auf 45.000 € Angehoben. Es wird klargestellt, dass diese Anhebung nur für Veranlagungszeiträume ab 2020 gilt.
Daneben wird klargestellt, dass Flüchtlinge regelmäßig zu dem von § 53 AO erfassten Personenkreis gehören. Eine gesonderte Prüfung der körperlichen, geistigen oder wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit ist daher nicht erforderlich.
Unter Verweis auf die Regelung für die Wohlfahrtspflege dürfen Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste und Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen sowie Einrichtung zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen nicht des Erwerbs wegen betrieben werden.