Verwaltungsräte sind trotz variabler Vergütung keine Unternehmer

19.01.2024
Gemeinnützigkeit
2 Minuten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 21.12.2023 (Az.: C-288/22) entschieden, dass Aufsichtsräte regelmäßig dann keine Unternehmer im Sinne der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sind, wenn ihre Tätigkeit variabel und ohne Verlustbeteiligung vergütet wird.

Sachverhalt

Der Kläger war in mehreren luxemburgischen Gesellschaften als Verwaltungsrat tätig. Seine Tätigkeit bestand dabei im Wesentlichen darin, Berichte von Führungskräften oder Vertretern der betreffenden Gesellschaften entgegenzunehmen und strategische Vorschläge, Entscheidungen der operativen Führungskräfte, Probleme im Zusammenhang mit der Rechnungslegung und ihrer Tochtergesellschaften sowie die für sie bestehenden Risiken zu erörtern. Für diese Tätigkeiten erhielt der Kläger variable Vergütungen, die auf Basis des von den Gesellschaften erzielten Gewinns ermittelt wurden.

Die luxemburgischen Finanzbehörden sahen hierin eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die der Mehrwertsteuer unterlagen und erließen einen entsprechenden Bescheid. Das nationale Gericht legte dem EuGH die Einordnung der Fragen vor, ob eine wirtschaftliche und vor allem selbstständige Tätigkeit im Sinne der Art. 9 und 10 MwStSystRL vorlag.

Entscheidung des Gerichts

Zunächst stellt der EuGH klar, dass die Tätigkeit des Mitglieds eines Verwaltungsrats in einer luxemburgischen Gesellschaft regelmäßig eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL darstelle.

Sodann verneinte das Gericht allerdings das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL. Maßgeblich sei zu prüfen, ob sich der betreffende Verwaltungsrat bei der Ausübung seiner Tätigkeit in einem Unterordnungsverhältnis befand und ob der Betroffene seine Tätigkeiten im eigenen Namen, auf eigene Rechnungen und in eigener Verantwortung ausübt, also ob er insbesondere auch das wirtschaftliche Risko trage.

Nach Ansicht des Gerichts sei die Vorschlags- und Beratungsfunktion, ohne ausdrückliche Pflicht zur Ausübung dieser Funktion, zwar ein Indiz für das Fehlen eines Unterordnungsverhältnisses. Allerdings sei ein Verwaltungsratsmitglied regelmäßig für die Rechnung des Verwaltungsrats tätig und somit für die Gesellschaft, deren Organ der Verwaltungsrat sei. Darüber hinaus löse eine fehlerhafte Beratung in erster Linie eine Haftung der Gesellschaft und keine persönliche Haftung des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds aus. Die Umstände sprächen vorliegend maßgeblich dafür, dass die jeweilige Gesellschaft als solche das wirtschaftliche Risiko trage und nicht ein einzelnes Verwaltungsratsmitglied.

An dieser Einordnung ändere sich auch nichts, wenn die Vergütung des Verwaltungsrats variabel anhand des erzielten Gewinns der Gesellschaft ermittelt werde. Denn hierdurch werde dem Mitglied gerade nicht das Verlustrisiko auferlegt, welches entscheidend für die Bestimmung einer selbstständigen Tätigkeit sei. Insbesondere sei es auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Vergütung auch in Verlustjahren und im Liquidationsfalle gewährt würde. Dies spräche nach Ansicht des Gerichts ganz entscheidend für eine unselbstständige Tätigkeit.

Praxistipp

Die vorliegende Entscheidung zeigt, dass die Gewährung einer variablen Vergütung nicht das maßgebliche Kriterium zur Einordnung einer selbstständigen Tätigkeit von Verwaltungsräten sein kann. Vielmehr müsse sich in der Vergütung auch das Verlustrisiko des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds widerspiegeln. Bereits das Niedersächsische Finanzgericht (Urt. v. 19.11.2019 - Az. 5 K 2828/18) hatte im Falle des Vorsitzenden eines Verwaltungsrats eines berufsständischen Versorgungswerks entschieden, dass dieser nicht selbstständig tätig ist. Diese Grundsätze hat das FG zwischenzeitlich auch für einfache Mitglieder eines Verwaltungsrats bestätigt (FG Niedersachen, Urt. v. 08.10.2020 - Az. 5 k 162/19), wobei diesen Urteilen keine variablen Vergütungen der Verwaltungsräte zugrunde lagen.


Bildnachweis:alvarez/Stock-Fotografie-ID:180706454

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