(Kein) Annahmeverzugslohn nach unwirksamer Kündigung – eine erfreuliche Entscheidung für Arbeitgeber

26.01.2023
Arbeitsrecht
2 Minuten

Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 30.9.2022 macht Arbeitgebern Hoffnung in „komplizierten“ Kündigungsfällen (Az. 6 Sa 280/22).

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt sprach der beklagte Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer mehrere Kündigungen aus, die vor Gericht letztinstanzlich allesamt als unwirksam erachtet wurden. Im Anschluss forderte der Arbeitnehmer für einen Zeitraum von fast 4 Jahren (!) Annahmeverzugslohn. Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Er vertrat die Auffassung, dass der Arbeitnehmer einer anderweitigen Beschäftigung hätte nachgehen können. Der Arbeitnehmer habe es böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen.

Das LAG Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitgeber recht. Die wesentlichen Leitlinien der Entscheidung sind:

  1. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG stellt darauf ab, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit während der Prozessdauer zumutbar ist. Aus dieser Vorschrift kann nicht abgeleitet werden, der Arbeitnehmer dürfe stets zumutbare Angebote seitens Job Center/Arbeitsagentur abwarten. Vielmehr darf der Arbeitnehmer nicht untätig bleiben, wenn sich ihm eine realistische Arbeitsmöglichkeit bietet.

  2. Ob das Verhalten des Arbeitnehmers als böswilliges Unterlassen zu erachten ist, hat der Arbeitgeber im Rechtsstreit über die Zahlung der Annahmeverzugsvergütung (weiterhin) darzulegen. Der Arbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit unterbreiteten beruflichen Vermittlungsvorschläge. Nur wenn der Arbeitgeber von diesen Vorschlägen Kenntnis hat, ist er in der Lage, Indizien für eine Böswilligkeit des Unterlassens anderweitigen Erwerbs vorzutragen. Sodann obliegt es dem Arbeitnehmer, diesen Indizien entgegenzutreten.

  3. Ob sich die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers darüber hinaus auch auf Initiativbewerbungen erstreckt, ließ das Gericht offen.

  4. Im konkreten Fall hatte sich der Kläger lediglich auf drei der unterbreiteten 23 Vorschläge beworben. Auch die Anzahl der eigenen Bewerbungsbemühungen von nicht einmal einer Bewerbung pro Woche stellte sich als Indiz für ein böswilliges Unterlassen dar. Schließlich liegt ein weiteres Indiz in der Qualität der verfassten Bewerbungen. Den eingereichten Bewerbungsmails ließ sich weder ein Stellenkennzeichen noch eine schlagwortartige Bezeichnung der Stelle, auf die der Kläger sich bewirbt noch ein sonstiger Betreff entnehmen. Die Anrede war auch nicht individualisiert.

Fazit: Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist sehr zu begrüßen. Es erteilt der bisherigen Praxis vieler Arbeitnehmer, sich im Anschluss an eine Arbeitslosmeldung „zurückzulehnen“ und das Kündigungsverfahren abzuwarten, eine deutliche Absage. Das Urteil ist – soweit ersichtlich – zwar noch nicht rechtskräftig. Arbeitgeber sind gleichwohl gut beraten, Annahmeverzugslohnansprüche nicht voreilig hinzunehmen, sondern den Einwand des böswilligen Unterlassens nach § 11 Nr. 2 KSchG zu erwägen.

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