FG Sachsen: Technologiegründerstipendium nicht einkommensteuerbar

01.09.2025
Gemeinnützigkeit
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Das Finanzgericht Sachsen (FG) hat mit Urteil vom 02.10.2024 (Az. 3 K 837/18) entschieden, dass ein Technologiegründerstipendium, das auf Grundlage der „ESF-Richtlinie Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft“ des Freistaats Sachsen durch die Sächsische Aufbaubank als Festbetragsfinanzierung gewährt wurde, nicht der Einkommensteuer unterliegt. Die Zahlungen stellen keine steuerbaren Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG dar, wenn sie nicht einer bestimmten Einkunftsart zugeordnet werden können und keine Gegenleistung des Stipendiaten vorliegt.

Hintergrund

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG sind nur solche Einnahmen einkommensteuerbar, die einer der gesetzlich bestimmten Einkunftsarten zugeordnet werden können. In Betracht kommen insbesondere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sowie sonstige Einkünfte (§ 22 EStG). Der Begriff der Einkünfte setzt dabei das Vorliegen einer wirtschaftlichen Leistung gegen Entgelt voraus. Für die Zuordnung zu einer Einkunftsart ist entscheidend, ob eine konkrete Gegenleistung des Empfängers gegenübersteht oder die Zuwendung aus eigenwirtschaftlichem Interesse des Zuwendenden erfolgt.

§ 3 Nr. 44 EStG regelt zudem die Steuerfreiheit bestimmter Stipendien, insbesondere wenn diese aus öffentlichen Mitteln oder von gemeinnützigen Einrichtungen zur Förderung von Forschung oder wissenschaftlicher Ausbildung gewährt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das Stipendium den zur Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag nicht übersteigt und keine Gegenleistung des Empfängers verlangt wird.

Sachverhalt

Der Kläger ist promovierter Biophysiker und war zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Technischen Universität tätig. Im Rahmen eines technologieorientierten Gründungsvorhabens gründete er gemeinsam mit weiteren Beteiligten eine GmbH, deren Gesellschaftszweck auf der Kommerzialisierung einer Innovation beruhte. Noch vor Abschluss eines formalen Geschäftsführeranstellungsvertrags war der Kläger zunächst mit geringfügigem Beschäftigungsumfang in der Gesellschaft tätig.

Zur Realisierung der Unternehmensgründung beantragte der Kläger bei der Sächsischen Aufbaubank ein Technologiegründerstipendium gemäß der „ESF-Richtlinie Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft“ des Freistaates Sachsen. Die Förderung wurde im Wege der Projektförderung als Festbetragsfinanzierung in Höhe von 36.000 Euro bewilligt. Der Bewilligungsbescheid enthielt unter anderem die Auflage, dass der Kläger während des Förderzeitraums keiner entgeltlichen Tätigkeit außerhalb des Gründungsvorhabens nachgehen dürfe. Gleichzeitig war vorgesehen, dass die Stipendienmittel ausschließlich zur Unterstützung des Gründungsvorhabens verwendet werden dürfen.

In der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2016 unterwarf das Finanzamt die erhaltenen Stipendienmittel als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG der Besteuerung. Der Kläger legte Einspruch ein und begründete diesen damit, dass das Stipendium nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sei. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzamt vertrat weiterhin die Auffassung, dass eine Steuerbefreiung nicht in Betracht komme, es sei vielmehr mit dem sog. Exist-Gründerstipendium vergleichbar, welches nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht von der Einkommensteuer befreit sei. Hiergegen richtet sich die Klage, in der der Kläger zudem geltend macht, dass es sich bei dem Stipendium nicht um steuerbare Einnahmen handele, da das Stipendium weder für ein gegenwärtiges noch für ein zukünftiges Dienstverhältnis gewährt werden. Ferner sei er zu keiner konkreten Gegenleistung verpflichtet gewesen, das Stipendium sei vielmehr ein Anreiz zur Förderung innovativer Gründungsvorhaben.

Entscheidung des Gerichts

Das FG Sachsen gab der Klage statt und entschied, dass das Technologiegründerstipendium nicht einkommensteuerbar ist. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei den Zahlungen nicht um Einnahmen, die zu Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG führen, da sie keiner der gesetzlich genannten Einkunftsarten zuzurechnen seien. Insbesondere scheide eine Einordnung als Arbeitslohn gemäß § 19 EStG aus, weil keine konkrete Dienst- oder Arbeitsleistung gegenüber einem Arbeitgeber erbracht wurde. Auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG lägen nicht vor, da das Stipendium nicht durch eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers veranlasst sei und keine Gegenleistung für eine gewerbliche Leistung darstelle.

Zudem verneinte das Gericht die Einordnung als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG, da keine wirtschaftliche Gegenleistung des Klägers für die Gewährung der Stipendienmittel festgestellt werden konnte. Das Gericht führt aus, dass allein die Durchführung des durch das Stipendium geförderten Vorhabens keine Gegenleistung im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG darstellt. Die Verpflichtung, die Arbeitskraft dem geförderten Vorhaben zu widmen, ist keine Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinne, sondern entspricht lediglich der selbstverständlichen Erwartungshaltung der Mittelgeber. Schließlich lehnte das Gericht auch eine analoge Anwendung der BFH-Rechtsprechung zum Exist-Gründerstipendium ab, da die rechtlichen und tatsächlichen Fördervoraussetzungen nicht hinreichend vergleichbar seien.

Ob die Zahlungen nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei wären, kann nach Auffassung des Gerichts offenbleiben, da die Einkommensteuerbarkeit bereits verneint wird.

Ausblick

Das Urteil des FG Sachsen bringt für Gründerinnen und Gründer in technologieorientierten Förderprogrammen des Freistaats Sachsen erhebliche steuerliche Klarheit. Die Entscheidung stellt klar, dass projektbezogene Stipendien, die ohne Gegenleistungsverpflichtung ausschließlich zur Unterstützung innovativer Gründungsvorhaben gewährt werden, keine steuerbaren Einkünfte darstellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Zuwendung – wie im vorliegenden Fall – nicht auf eine konkrete Arbeits- oder Leistungspflicht des Empfängers gerichtet ist und der Förderzweck allein auf die strukturelle Förderung von Unternehmensgründungen abzielt. Stipendien, die beispielsweise über Stiftungen gewährt werden, sollten sich an gleichen Maßstäben messen lassen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung des FG Sachsen Bestand haben wird. Eine Revision ist beim BFH anhängig (Az. X R 29/24).

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Bildnachweis:gorodenkoff/Stock-Fotografie-ID:1449084209

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