Corona-Krise: Staat haftet nicht für Umsatzeinbußen

10.09.2020
Sonstiges
2 Minuten

Das Landgericht Hannover musste erstmals über eine Klage auf Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen der im Zuge der COVID-19-Pandemie landesweit angeordneten Infektionsschutzmaßnahmen entscheiden. Das Gericht wies die Klage mit Urteil vom 09.07.2020 (Az. 8 O 2/20) ab.

Worum ging es in dem Verfahren vor dem Landgericht genau?

Der Kläger betreibt ein größeres Fischrestaurant am Steinhuder Meer. Seiner Ansicht nach ist das Land für die Einnahmeausfälle und Gewinneinbußen während des sogenannten „Lockdowns“ im März und April 2020 schadenersatz- bzw. entschädigungspflichtig. Infolge des erzwungenen Stillstandes der Geschäftstätigkeit habe der Kläger schon am 18.03.2020 für seine 17 Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden müssen. Sein Betrieb sei daraufhin in eine existentielle Notlage geraten. Ihm sei ein Schaden i.H.v. insgesamt 51.859,73 EUR entstanden. Im Wege der Teilklage machte er einen Betrag i.H.v. 10.000,00 EUR gegen das Land Niedersachsen geltend. Der Kläger beruft sich darauf, dass das Land als Verordnungsgeber der auf das Infektionsschutzgesetz gestützten „Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus“ zur Entschädigung verpflichtet sei. Da vom Restaurant des Klägers keine virusbedingte Gefahr ausgegangen sei, habe das Land eine Ansteckungsgefahr aus generalpräventiven Gründen nur vermuten können. Das hieraus resultierende „Sonderopfer“ des Klägers als Restaurantbetreiber und Anbieter einer personennahen Dienstleistung müsse ausgeglichen werden.

Wie hat das Gericht seine abweisende Entscheidung begründet?

Das Gericht verwiese darauf, dass eine Entschädigung für schließungsbedingte Umsatz- und Gewinneinbußen weder aus dem Infektionsschutzgesetz noch aus allgemeinem Gefahrenabwehrrecht oder aus dem allgemeinen Staatshaftungsrecht folge. Dass das Infektionsschutzgesetz keine ausdrückliche Regelung vorsehe, entspreche der Intention des Gesetzgebers. Dieser habe auch im Zuge einer Gesetzesänderung im März 2020 bewusst darauf verzichtet, eine Entschädigung für die flächendeckenden Schließungsanordnungen zu regeln. Hierdurch sei auch ein Rückgriff auf das Landespolizeirecht gesperrt, welches grundsätzlich eine Entschädigungsregelung für als „Nichtstörer” in Anspruch genommene Personen vorsehe. Schließlich ergebe sich auch aus allgemeinem Staatshaftungsrecht kein Entschädigungsanspruch, da dem Kläger durch die eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen betreffenden Maßnahmen kein individuelles und unzumutbares Sonderopfer auferlegt worden sei. Ein solches bestehe nämlich nur, wenn ein Eingriff in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition vorliege, durch die der Betroffene als Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen ungleich betroffen wird und er mit einem besonderen, den übrigen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit belastet wird. Der Kläger habe jedoch nicht substantiiert darlegen könne, dass er durch die zeitweilige Betriebsschließung konkret in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet worden ist. Darüber hinaus sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den verordneten Betriebsuntersagungen staatliche Hilfen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Betriebsschließung erhalten hat, welche bei der Bewertung der Eingriffsintensität miteinzu-beziehen seien.

Praxishinweis

Zusammen mit dem Eilbeschluss des Landgerichts Heilbronn vom 29.04.2020 (Az.: I 4 O 82/20), bei dem eine Entschädigung bei einem Friseur-Salon abgelehnt wurde, handelt sich hierbei um eine der bundesweit ersten Gerichtsentscheidungen zum Thema „Corona-Entschädigung“. Der Kläger hat gegen das klageabweisende Urteil keine Berufung eingelegt, so dass das Urteil nun rechtskräftig ist.

Es ist allerdings mit den weiteren Verfahren zu rechnen. So muss sich nun auch das Bundesverfassungsgericht mit der Frage befassen, ob Unternehmen staatliche Entschädigungen für Betriebsschließungen und Einnahmeausfälle in der Corona-Pandemie zustehen. Eine Initiative, die nach eigenen Angaben mehr als 850 Betroffene vertritt, hat eine entsprechende Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1726/20) erhoben. Parallel sollen auch zivilrechtliche Klagen eingereicht werden. Ziel ist es hierbei, diese Verfahren auszusetzen und die Frage nach einer Entschädigungspflicht ebenfalls dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

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